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Ist dies das Gesicht Echnatons? Forscher überraschen mit Gesichtsrekonstruktion

Es ist wohl die am meisten diskutierte Mumie aus dem alten Ägypten. Wer ist die mysteriöse Mumie aus KV55? Seit Jahren ist ein Streit darüber entbrannt, wer hier begraben liegt. Echnaton oder vielleicht doch der mysteriöse Semenchkare? Die Erkenntnisse der Wissenschaftler des FAPAB (Forensic Anthropology, Paleopathology and Bioarchaeology Research Center) in Sizilien wollten der Sache auf den Grund gehen und rekonstruierten das Gesicht der Mumie aus KV55.

Gesichtsrekonstruktion der Mumie aus KV55.
Bild: Cicero Moraes / FAPAB Research Center

Unter der Leitung des FAPAB-Direktors Francesco M. Galassi (Arzt und Paläopathologe) und des Koordinators für ägyptologische Studien Michael E. Habicht (Ägyptologe und Mumienspezialist) wurde eine Gesichtsrekonstruktion auf der Grundlage zuvor gesammelter Daten des brasilianischen Experten Cicero Moraes gemacht. Moraes hatte auch schon in Zusammenarbeit mit der FAPAB das Gesicht der Prinzessin „Baqt“ aus der 18. Dynastie rekonstruiert.

Das Ergebnis ist überraschend. Doch kommen wir erst einmal zu den Fakten und Theorien über die mysteriöse Mumie aus KV 55.

Das Grab

Leider liefert das undekorierte Grab KV 55 im Tal der Könige keinerlei Erkenntnisse, wer hier bestattet wurde. Die Mumie wurde bei einer Zweitbestattung hierher verlegt, nur wenige Meter von Tutanchamuns Grab entfernt. Die Grabmöbel waren eine wilde Mischung aus Gegenständen, die verschiedenen Personen aus der Amarna-Zeit gehörten: ein Schrein der Königin Teje, ein Sarg mit Federmuster, bei dem Gesicht und Namen ausgemeißelt wurden und der ursprünglich eventuell Kiya, Echnatons Nebengemahlin, gehört haben könnte, sowie Kanopenkrüge, die ebenfalls für Echnaton überarbeitet wurden. Außerdem wurden magische Ziegel gefunden, die den Namen Echnatons trugen.

Die Mumie

Der Schädel von KV 55, Foto von G. E. Smith 1912 (Copyright abgelaufen)

Das Grab KV55 wurde im Januar 1907 im Tal der Könige entdeckt. Unter den Händen des Grab-Entdeckers Edward R. Ayrton und des Rechtsanwalts Theodore M. Davis zerfiel die Mumie zu Staub und Knochen, so dass heute nur noch ein Skelett übrig ist (man möge uns also verzeihen, wenn wir trotzdem bei dem Wort „Mumie“ bleiben).

Ein Forschungsteam um Zahi Hawass bestimmte im Jahr 2010 anhand von DNA-Untersuchungen, dass es sich bei dem Mann im Grab KV55 um Amenhoteps III. und Tejes Sohn und um Tutanchamuns Vater handeln muss. Auch aus anatomischer Sicht sehen sich Tutanchamun und die Mumie aus KV55 sehr ähnlich. Aber ob die beiden wirklich Vater und Sohn sind, wie die DNA-Tests ergaben, bleibt aufgrund des praktizierten Inzests von Geschwistern in der königlichen Familie, umstritten.

Ein strittiges Thema war seit jeher das Alter des Mannes zum Todeszeitpunkt. Erste Untersuchungen legten sich auf ein Alter von um die 20 Jahre fest und man einigte sich mehr oder weniger auf Semenchkare, ein vermeintlicher Bruder Echnatons oder Tutanchamuns. Untersuchungen aus dem Jahr 2010, durchgeführt von Albert Zink vom Mumieninstitut in Bozen, verschoben das Alter der Mumie zuletzt auf um die 35-40 Jahre (für mehr Informationen dazu siehe auch „Das Who-is-who der Mumien – die mysteriöse Mumie aus KV 55„). Also auf einmal sprach alles doch für Echnaton und was war mit Semenchkare? Die schon seit Mitte der 1970er Jahren bestehende Theorie, dass der eigentlich Nofretete sein soll, bekam neue Nahrung. Zuletzt noch mal von Nicholas Reeves, der sich für Semenchkare=Nofretete aussprach (siehe dazu den Artikel „War Nofretetes Grab am Ende sogar ein Pharaonengrab?„)

Digitales Modell des Schädels.
Cicero Moraes / FAPAB Research Center

Die Forscher der FAPAB schließen sich bei der Alterbestimmung der Meinung von Strouhal (Strouhal E. Biological Age of Skeletonized mummy from tomb KV 55 at Thebes. Anthropologie. 2010;48: 97–112. ) an, der insbesondere aufgrund der Fusion der Epiphysen (Wachstumsfugen) und des Stadiums der Schambeinfuge ein Alter zwischen einem Jugendlichen und jungen Erwachsenen von 19 bis 22 Jahren vorschlug. Dieses Alter lässt sich mit Echnaton und seiner 17-jährigen Regentschaft nicht vereinbaren, es sei denn, er hätte ungefähr acht Jahre eine Ko-Regentschaft mit seinem Vater Amenhotep III. geführt. Eine These, die von einigen Wissenschaftlern unterstützt wird. Das würde jedoch wahrscheinlich auch bedeuten, dass zumindest die ersten beiden Töchter Meritaton (wahrscheinlich geboren in seinem 1. Regierungsjahr) und Maketaton (geboren in seinem 5. Regierungsjahr) nicht seine eigenen waren!
Die DNA-Untersuchungen von 2010 hatten übrigens auch ergeben, dass die Mumie KV21A die Mutter der beiden Föten aus Tutanchamuns Grab ist, also könnte es sich hierbei um Achesenamun, Tutanchamuns große königliche Gemahlin handeln. Das Problem: laut den DNA-Ergebnissen ist KV55 nicht der Vater von KV21A. Also entweder war KV21A eine Nebenfrau oder KV55 ist nicht Echnaton oder Anchesenamun war nicht Echnatons Tochter. Die Mumien von Meritaton und Maketaton, die mehr Licht ins Dunkeln bringen könnten, wurden übrigens bisher nicht gefunden.

Zumindest sind die Wissenschaftler der FAPAB überzeugt davon, dass es sich bei der Mumie in KV55 um Echnaton handelt. Nicht zuletzt wegen der Grabfunde und der Tatsache, dass auf keinem einzigen der Grabbeigaben der Name Semenchkare erwähnt wird.

Die Gesichtsrekonstruktion

Die Forscher, zu denen auch die forensische Anthropologin und die stellvertretende Direktorin des FAPAB, Elena Varotto, gehörten, konnten die Mumie nicht vor Ort untersuchen und mussten daher auf eine Vielzahl von Fotos und Videoclips zurückgreifen, um so viele anatomische Details wie möglich zu erhalten. Auf Grundlage der aktuellsten forensischen Gesichtsrekonstruktionen konnten sie mit der Rekonstruktion beginnen. Cicero Moraes bekam nur einige grundlegende Eckdaten, wie: Ägypten, männlich, 20-25 Jahre, keine Haare, Hautteint IV (auf einer Skala von I-VI) mitgeteilt. Er wusste also nicht, wen er da vor sich hatte.

Ein erster Versuch einer Gesichtsrekonstruktion stammt bereits aus dem Jahr 1966, es wurden jedoch königliche Kopftücher hinzugefügt, was aber einen falschen Eindruck vermitteln könnte. Bei der aktuellen Rekonstruktion wurde aber auf Schmuck oder Frisuren verzichtet und sich alleine auf das Erscheinungsbild konzentriert.

Gesichtsrekonstruktion und Büste Echnatons aus dem Neuen Museum Berlin.
Bild links Cicero Moraes / FAPAB Research Center
Auch die Version eines älteren Echnatons wurde nach den Vorgaben der Forscher rekonstruiert
Bilder: Cicero Moraes / FAPAB Research Center

Echnatons Antlitz – unser Fazit

Die Forscher lassen die Bilder unkommentiert, um mögliche Einflussnahmen zu vermeiden. Aber wir geben natürlich gerne unseren Senf dazu 😉
Erst nach zweimaligen Hinsehen, lässt sich eine gewisse Ähnlichkeiten mit Bildnissen von Echnaton erkennen, wie z.B. bei der Büste von Echnaton im Berliner Museum. Bei den Bildern musste ich direkt an die früheren Gesichtsrekonstruktionen von Tutanchamun denken, eine Ähnlichkeit zwischen den beiden besteht ohne Zweifel.

Hausstele mit Echnaaton und seinen Töchtern (Schwestern?) sowie Nofretete
Neues Museum Berlin

Die Aussage, dass es sich hierbei um Echnaton UND einen jungen Mann im Alter von 19 bis 22 Jahren handelt, lässt uns eher ratlos zurück.
Meritaton und Maketaton wären dann ungefähr zu einer Zeit geboren, als Echnaton 5 oder 10 Jahre alt war (ausgehend von einem Todesalter von 22 Jahren). Echnaton kann also de facto nicht deren Vater sein (und vielleicht auch nicht von Anchesenamun), sondern allenfalls ihr Bruder. Die Tatsache, dass Echnaton und Nofretete auf dem berühmten Hausaltar (ebenfalls Berliner Museum) dann aber ganz familiär mit Echnatons Schwestern sitzen und nicht mit seinen Töchtern, ist schwer vorstellbar. Und könnte ein so kleiner Junge die Kunst und Religion so tiefgreifend verändern? Und im zarten Alter von vielleicht 10 Jahren eine komplett neue Hauptstadt errichten? Führt man den Gedanken weiter, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Echnaton dann eine Marionette war, entweder von Nofretete oder von seinem Vater Amenhotep III. und seiner Mutter Teje. Und apropos Amenhotep: Wo war der eigentlich die ganze Zeit als es zu dem großen Umbruch in Ägypten kam? Und wäre nicht auch er von Haremhab und seinen Nachfolgern verfemt worden, wenn er noch seine Hände im Spiel gehabt hätte?

Die Rekonstruktion und die neue Alterbestimmung lässt mehr Fragen offen als sie Antworten gibt. Das Rätsel um die Mumie aus KV55 ist noch lange nicht gelöst.

7 Gedanken zu „Ist dies das Gesicht Echnatons? Forscher überraschen mit Gesichtsrekonstruktion“

  1. Hallo
    Ein Niederländer hat ebenfalls
    Das aussehen echnaton und nefertiti
    Rekonstruiert Vor kurzem.
    Des weiteren wenn ich mir den Bericht durchlese von zahir hawass gentechnische Untersuchung der royalen mumien der amarna Periode, komme ich nicht zu dem Schluss, das echnaton/ kv55 mumie nicht der Vater sein kann von
    kv21a anchesnamun. und uch bekomme die Vermutung das man due gewinnen Daten bewusst oder unbewusst faksch interpretieren wird.
    Erstmal Sind die Gen Daten bei kv21a und kv21b wie auch bei
    Den fötus 1 und 2 kv62 unzureichend und nicht komplett.
    Tutankhamun kv62 kann der Bruder sein von kv21a . Und kv21a Mutterschaft der föten wird ja in den Zusammenhang nicht angezweifelt . Aus der Sicht des fötus 1 . Wenn man die Tabelle figure1 vor Augen hat erkennt man das zb bei den microsatelit
    D13S317 die mumien kv55, kv35yl,
    Kv62 tut und föten und kv21a und kv21b alle bis auf fötus1 den marker 10 haben .
    und der marker 12 bei kv55 ,kv35yl ,kv62 tut, und fötus1 vorhanden ist. Dann bei D2S1338 der marker 26 bei allen zu finden bis auf fötus 1. Marker 16 finden wir bei kv55 kv35yl kv62 tut und fötus1.
    Dann bei D21S11 marker 29 bei kv55 kv35yl kv62 tut und beiden föten. Kv21a und b geben uns nur einen marker an der Stelle. Das muster geht über alle acht microsatelliten weiter. Dann hebt sich das Muster auch deutlich ab Von der elteren Generation ab. Also kann man schin sagen kv21a ist due tochter von kv55 und kv35yl. Liebe grüsse martin

  2. Die Aussage dieses wissenschaftlichen Teams bekraeftigt meine Vermutung, dass das Team um Hawass im Jahre 2010 das Alter von KV 55 vor allem deshalb so hoch schraubten, um die Mumie „zweifelsfrei“ als die Echnatons praesentieren zu koennen. Er ist halt wesentlich bekannter als Semenchkare und sorgt daher fuer mehr Publicity. Es ist mir ehrlich gesagt ein Raetsel, wie angesichts einer Altersbestimmung von ca. 20 Jahren, im Hoechstfall knapp darueber (die sich nebenbei bemerkt mit den Meinungen anderer Wissenschaftler deckt) irgendjemand ernsthaft annehmen kann, es handele sich um Echnaton. Die Aussage, es habe im Grab KV55 keinerlei HInweis auf den Namen Semenchkare gegeben, ist so nicht ganz richtig. Die duenne Goldfolie, mit der der Sarg innen ausgekleidet was, soll an mindestens einer Stelle eine Kartusche mit dem Namen Semenchkare/Djosercheperu aufweisen. Der Herausgeber des aegyptologischen Magazins KMT, Dennis Forbes, ist schon seit Jahren auf der Jagd nach diesem Beweisstueck, bisher allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. In Kairo scheint man nicht besonders kooperativ zu sein…
    Was die Gesichtsrekonstruktion selbst betrifft, denke ich, dass die Lippen fleischiger sein muessten, so wie sie durchweg auf Echnatons Darstellungen zu sehen sind. Soweit mir bekannt ist, gibt es fuer gewisse Strukturen des Gesichts, wie Lippen und Nase, keine wirklichen Anhaltspunkte im Gesichtsschaedel und sind daher mehr oder weniger „Guesswork“. Die muessen wir uns dann wohl einfach dazudenken.

  3. Andererseits.: warum sollte man magische Ziegel mit dem Namen Echnatons ins Grab von jemand anderem legen ?
    Außerdem ist nach allem was wir wissen, die Mumie in KV 55 der Vater von Tut ench Amun und Der Sohn von Amenophis III und Königin Teye.
    Echnaton hatte einen, vor seiner Regentschaft verstorbenen Bruder, von einem weiteren Bruder ist nichts bekannt.
    Das Alter ist natürlich ein Problem, auch kann ich keine Ähnlichkeit in der Gesichtsrepro und der Statue erkennen.
    Ich weiß auch keine Erklärung auf all diese Fragen.

  4. Hallo Monika Mangal
    die mumie kann nur echnaton sein.
    wie walter hier schon schreibt ist die gentechnische analyse klar.
    die mumie kv55 ist tutanchamuns vater
    und der sohn von teje und amenhotep III
    und der bruder von kv35yl
    von der ich ausgehe das sie höchstwahrscheinlich nofretete ist.
    auch das mit den magischen ziegeln ist ein klares indiz das es echnaton ist.
    und walter hat da auch klar recht.
    Ayrton hatte bei auswickeln der mumie den namen echnaton auf den goldbandagen goldfolien
    lesen können.
    das museum münchen unter der leitung Alfred und Sylvia Schoske Grimm haben rausgefunden
    das der sarkophag für einen mann hergestellt wurde
    und dieser in der antike nicht umgestaltet wurde.
    dann hat auch zahir hawass das alter der mumie nicht hochgeschraubt
    sondern neuste untersuchungen legen ein alter zwischen 30-40 jahren nahe.
    dann die altersbestimmungen der mumie aus kv55 um die 20 jahre, sind ja auch schon was älter.
    gruss martin

  5. Kann mir nicht vorstellen, dass die Rekonstruktion stimmt. Wieso sollten damalige Büsten oder Bildnisse von Echnaton schöne, volle Lippen darstellen und grossen Augen und er in echt dann so verkniffene schiefe Lippen und verkniffene Augen gehabt haben soll? Ich glaube, dass die Rekonstrukteure nicht naturgetreu schöne Menschen darstellen können. Auch sieht das Kinn doch definitiv länger aus, anders. Echnaton sieht nicht aus wie Nachbars Lumpi, das glaube ich nicht. 😉
    Mich würde mal interessieren, wie die Leute, die noch leben nur anhand der Schädelknochen rekonstruieren, so dass man sich selber ein Bild davon machen kann, wie orignalgetreu das dann wird.
    Ich glaube, dass da viel der Phantasie überlassen ist und deutlich abweicht.

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