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Durchlitt Ägypten unter der Herrschaft Thutmosis II. eine große Krise?

Dr. Joel Klenck, Archäologe und Präsident der „Paleontological Research Corporation“ von der Havard Universität ist sich sicher, dass es unter der Herrschaft Thutmosis II. eine große Krise in Ägypten gegeben haben muss. Für seine These stützt er sich u.a. auf Inschriften im unterirdischen Tempel der Hatschepsut bei Speos Artemidos.

In diesem Tempel hinterließ die Nachfolgerin und Ehefrau Thutmosis II. Inschriften, welche die schwere Zeit verdeutlichen. Zu Beginn ihrer Regierung sei Ägypten „ruiniert“ und „in viele Teile zerbrochen“ gewesen, wie Hatschepsut berichtet. Als Verursacher dieser schweren Zeit verurteilt Hatschepsut eine Gruppe von „Vagabunden“ einer asiatischen Bevölkerungsschicht, die einst das nördliche Ägypten kontrolliert haben.

Die Regierungszeit Thutmosis II. endete etwa 79-86 Jahre, nachdem Pharao Seqenenre (ca. 1560-1555) begonnen hatte, die Fremdherrscher der Hyksos aus Ägypten zu vertreiben, so Dr. Klenck. Er und sein Nachfolger Ahmose vertrieben die Hyksos aus ihrer Hauptstadt Avaris um 1550 v. Chr. Die Inschrift der Hatschepsut spricht von einer Bevölkerungsgruppe, die in Ägypten „unter“ den „Asiaten“ verblieben ist und Ägypten fast ruiniert hätte.

Außerdem scheint eine seltsame Krankheit zu der Zeit gewütet zu haben. Die Mumie Thutmosis II. ist die einzige aus der 18. Dynastie, deren Körper mit Zysten einer unbekannten Krankheit bewuchert war. Sie wurden am Rücken, der Hüfte, den Armen und Beinen des Königs gefunden. Eine Mischung aus Knoten, Krusten und Narben von teilweise mehrere cm Länge bedeckten die verschiedenen Stellen. Diese Zysten fanden Forscher ebenfalls auf dem Körper der Amme Sitre-In, die wahrscheinlich nicht zur königlichen Familie gehörte. Hatschepsut und ihr Nachfolger Thutmosis III. trugen ebenfalls Spuren dieser Krankheit, auch wenn sich ihre Haut nach einer Zeit regenerierte.
Kürzlich durchgeführte DNA-Tests lassen den Schluss zu, dass Thutmosis III. nicht direkt verwandt war mit Thutmosis II. Die mysteriöse Krankheit war also wohl nicht erblich bedingt, schien sich aber zur Zeit Thutmosis II. am Hofe ausgebreitet zu haben.

Ein anderer Hinweis für eine Krise könnten die verhältnismäßig wenigen schriftlichen und baulichen Zeugnisse des Pharaos sein, obwohl er immerhin 18 Jahre lang regiert hat (laut Klenck, manche Ägytologen bescheinigen ihm eine viel kürzere Regierungszeit). Bisher wurden nur ein Kalksteintor in Karnak und Fragmente von Bauten bei Semna, Kumma und Elephantine gefunden.

Aus Aufzeichnungen des ägyptischen Beamten Ahmose Pen-Nekhbet wissen wir, dass Thutmosis II. einen Feldzug gegen die „Sashu“ im Sinai führte, der wohl nicht glücklich verlief. Zum Ende seiner Regierungszeit und während der kompletten Herrschaft seiner Ehefrau Hatschepsut verließ dann die ägyptische Armee das eigene Land nicht mehr. Erst unter Thutmosis III. wurde wieder gegen Feinde außerhalb Ägyptens zu Felde gezogen.

Einige Inschriften Hatschepsuts zeigen ihren Respekt vor der Meinung Ihrer Untertanen. Dies ist umso bemerkenswerter, als die gottgleichen Pharaonen sich darum normalerweise nicht scherten sondern ihr Volk autoritär regierten. Andere Inschriften Hatschepsuts zeigen sie als ältesten Sohn, männlichen König und Liebling ihres Vaters Thutmosis I. Klenck schreibt dazu, dass die meisten Pharaonen ihre Vorgänger priesen, um die erfolgreiche Fortführung ihrer Dynastie zu veranschaulichen. Hatschepsut dagegen zollte ihrem Ehemann und Bruder Thutmosis II. in ihren schriftlichen Äußerungen keinerlei Respekt.

Diese einzigartigen Darstellungen Hatschepsuts als ältester Sohn Thutmosis I. und ihre 22-jährige Herrschaft legen nahe, dass Amun-Re-Prister und Adlige sie bei Ihrem Tun unterstützten. Auch das ist einzigartig, denn in allen anderen Epochen, bis hin zu den Ptolemäern, wurden weibliche Herrscher von den Pristern und Gesetzeshütern stets unterminiert.

Nach etwa 20 Jahren ihrer Regierungszeit ließ ihr Nachfolger Thutmosis III. alle Darstellungen Hatschepsuts als Junge, Sohn oder männlicher Pharao ausmeißeln oder übergipsen. Bildnisse von Hatschepsut als Frau oder Königin blieben dagegen weitgehend erhalten. Außerdem fügte Thutmosis III. einige Inschriften für Thutmosis II. auf Tempeln oder Monumenten hinzu, obwohl dieser bereits seit Jahrzehnten tot war und mit den modifizierten Bauwerken nichts zu tun hatte.

Nach Auffassung Klencks begann der ägyptische Hofstaat nach Thutmosis II. an der uneingeschränkten Vorherrschaft des Hauptgottes Amun-Re zu zweifeln. In einer Inschrift im unterirdischen Tempel bei Speos Artemidos verkündet Hatschepsut, dass Re während des Untergangs Ägyptens vor ihrer Regierungszeit nicht auf göttliche Anweisung handelte. Und Thutmosis III. baute in Karnak einen Tempelkomplex für den konkurrierenden Gott Aton. Die Herabstufung von Amun-Re erreichte unter Echnaton ihren Höhepunkt, als der Pharao verordnete, dass nur noch Aton allein angebetet werden durfte. Die Pharaonen der nachfolgenden 19. Dynastie kehrten zurück zur Anbetung einiger Gottheiten aus der Zeit der Hyksos, der zweiten Zwischenzeit.

Klencks Fazit ist, dass ärchäologische Funde und weiterführende Fakten nahelegen, dass es in der Regierungszeit Thutmosis II. zu einer Krise kam, die zu einer ganzen Reihe von Handlungen, Bündnissen, Inschriften und ideologischen Veränderungen durch Hatschepsut und die nachfolgenden Pharaonen führte.

Jolly Thews/Carina Felske

Quelle:
sbwire.com

4 Gedanken zu „Durchlitt Ägypten unter der Herrschaft Thutmosis II. eine große Krise?“

  1. Die Familiengeschichte um Thutmosis und Hatschepsut ist und bleibt eh sehr speziell. Da wird in Zukunft bestimmt mehr ans Tageslicht kommen.

  2. Zitat: „Kürzlich durchgeführte DNA-Tests lassen den Schluss zu, dass Thutmosis III. nicht direkt verwandt war mit Thutmosis II.“
    Davon habe ich aber noch nie etwas gehört. Wenn dem wirklich so war, wieso machte man dann ein 2-5jähriges Kind zum König? Welche Quellen hast du dafür?
    Werden hier evtl. die Ergebnisse des DNA-Test von Thutmosis I. verwechselt, dessen Mumie die eines jungen Mannes sein so

  3. Ich bin beim Übersetzen dieses Artikels auch darüber gestolpert. Vielleicht spielt sbwire bzw. Dr. Joel Klenck auf die DNA-Tests von Zahi an?! Meines Wissens weiß aber eh niemand, ob es sich bei der Mumie auch wirklich um die von Thutmosis II. handelt, also wäre ein DNA-Test eh ein Schuss ins Blaue gewesen. Ich habe den Absatz aber erst einmal unkommentiert übernommen. Vielleicht wissen die ja was, das wir nicht wissen. Halte ich aber auch eher für unwahrscheinlich

  4. Ich verstehe nicht warum Memphis nach der Wiedervereinigung des Ägyptischen Reiches in der 18. Dynastie die militärische Hauptstadt wurde und nicht Theben, von wo aus der Aufstand gegen die Hyksos entstand.

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