Eine deutsch-ägyptische Mission hat an der archäologischen Stätte Nag al-Sheikh Hamad, besser bekannt unter dem Namen Athribis, nur 7 km südwestlich von Sohag gelegen, einen Scherbenfriedhof mit ca. 13.000 Tonscherben gefunden, die zum Teil in mehreren Sprachen beschriftet sind. Darunter sind Schriften in Demotisch, Hieratisch, Griechisch, Koptisch und Arabisch, ließ das Tourismus- und Antikenministerium am gestrigen Mittwoch verlauten.
In den Ostraka-Texten sei z.B. der Handel mit Proviant, wie Weizen und Brot, festgehalten, erklärte Mostafa Waziri vom Obersten Rat für Altertümer. Dies werfe ein neues Licht auf die Wirtschaft in und um die Region Athribis im Laufe der Geschichte. Der Leiter der Mission, Prof. Dr. Christian Leitz von der Uni Tübingen, muss mit seinem Team natürlich erst einmal die vielen Scherben genau studieren. Schon jetzt sehe es aber so aus, als ob es hier vielleicht eine Schreiberschule für Demotisch, Hieratisch, Griechisch und die Hieroglyphen gegeben habe, zitiert ihn die Ahram Online.
In pharaonischer Zeit lag diese Stadt mit dem altägyptischen Namen „Hwt-Rpyt“ (Haus des Tempels der [Göttin] Repit) im 9. oberägyptischen Gau des Landes. Die noch weitgehend unausgegrabene archäologische Stätte besteht aus dem Tempelbezik, der Wohnsiedlung, den Steinbrüchen und einer Nekropole. Im Tempelbezirk liegen zwei Tempel, von denen aber erst einer ausgegraben ist. Er wurde im 1. Jh. v.Chr. erbaut von Ptolemaios XII., während weitere Inschriften auch auf spätere römische Herrscher, wie Tiberius oder Caligula, bis hin zu Hadrian, zurückgehen.
Verehrt wurde in diesem Tempel die Dreiheit aus den Göttern Min-Re, seiner Gemahlin Repit und ihrem gemeinsamen Sohn Kolanthes. Min-Re verkörperte dabei die Fruchtbarkeit (siehe unsere Beschreibung des Gottes Min), Repit war dagegen eine Schutzgöttin, die mit Löwenkopf und Sonne darauf dargestellt wurde, und Kolanthes ein Kindgott, der sich in Darstellungen oft mit den kindlichen Merkmalen des Alten Ägypten, der Jugendlocke und dem Finger am Mund, zeigt.
Laut der Projektseite der Uni Tübingen wurde der Tempel nach 2019 mit einem Rundweg und Informationstafeln für Besucher hergerichtet. Wer also demnächst Richtung Sohag reist, könnte dort einmal vorbei schauen…
Nachtrag 17.12.2021:
Wie uns Herr Prof. Dr. Leitz auf Anfrage mitteilte, kosten die Tickets für Athribis 60 LE (30 LE ermäßigt) und können direkt vor Ort gekauft werden. Von Luxor aus sind das allerdings 3 Std. Anfahrt auf der westlichen Schnellstraße (und weitere 3 Std. wieder zurück). Der Besuch empfiehlt sich also eher für Leute, die ohnehin in Mittelägypten sind.
Außerdem wird sich die Zahl der Ostraka weiter erhöhen, schrieb er uns, weil man täglich neue finde, an guten Tagen bis zu 100 Stück.