Die Mumie der Schepenese (auch Shep-en-Isis genannt) ist eine der bekanntesten ägyptischen Mumien in der Schweiz. Sie gelangte bereits 1820 in das Alpenland und ist, zusammen mit ihren zwei Holzsärgen, im barocken Büchersaal der Stiftsbibliothek St. Gallen ausgestellt. Schepenese lebte vermutlich zwischen 650 und 610 v.Chr. (Spätzeit, 26. Dyn.) und war die Tochter eines thebanischen Amunpriesters namens Pestjenef. Wissenschaftler des FAPAB Research Centers (Forensic Anthropology, Paleopathology and Bioarchaeology) haben in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Experten Cicero Moraes nun anhand von CT-Bildern eine forensische Rekonstruktion des Kopfes von Schepenese erstellt.
Bereits in den 1990er Jahren waren Röntgen- und CT-Untersuchungen an der Mumie vorgenommen worden und erneut im Jahr 2010. Erst mit dieser letzten Untersuchung war das Geschlecht der Mumie medizinisch gesichert festgestellt worden. Aus diesen bereits vorhandenen CT-Scans suchten die Forscher nun zunächst die reinen Knochenbilder des Schädels heraus. Auffällig schon hier der gute Zustand der vollständig erhaltenen Zähne, aufgrund deren Abnutzung, sowie der weiteren Skelettmerkmale, Schepeneses Alter auf 30-40 Jahre geschätzt wird.
Aus dem Schädel errechneten die Forscher anhand wichtiger Messpunkte dann eine Gesichtsform und dieser fügten sie anschließend die getrockneten Gewebeanteile der Mumie hinzu (siehe Bildreihe). Danach wurden dann weiteres Gewebe sowie Fettpolster entsprechend der vorher ermittelten Weichteildicke platziert.
Wert legen die Forscher darauf, dass die Ohren ziemlich genau rekonstruiert werden konnten. Bei Gesichtsrekonstruktionen aus Skelettschädeln müssen ansonsten meist Standardohren verwendet werden; hier aber hatte man ja die mumifizierten Ohren als Vorlage, so dass die Form der Ohren in dieser Rekonstruktion sehr genau ist.
Natürlich können die Hauttönung und die Augenfarbe nicht aus den CT-Scans der Mumie abgeleitet werden. Aufgrund des ägyptischen Stammbaums der Priestertochter verwendeten die Forscher hier braune Augen und einen olivfarbenen Hautton. Auf eine Perücke, Schmuck und Kleidung verzichteten sie allerdings, da dies ebenfalls nur hypothetische Annahmen gewesen wären. Nur ein bisschen Augenschminke fügten sie ihrem Modell hinzu.
Es ist immer wieder faszinierend, wenn eine vor tausenden von Jahren verstorbene Person auf einmal digital wieder „aufersteht“, wenngleich man trotz aller wissenschaftlichen Genauigkeit bei solchen Rekonstruktionen nicht sicher sein kann, ob ein Zeitgenosse dieser Person sie in einem solchen, neuzeitlichen Modell tatsächlich wiedererkannt hätte.
Ihre Arbeit haben die Forscher in einem 85 Seiten starken Buch veröffentlicht:
Michael E. Habicht, Cicero Moraes, Renate Siegmann, Francesco M. Galassi, Elena Varotto: »The Forensic Facial Reconstruction of Shep-en-Isis«, epubli 2022, ISBN 9783754938324.
Was für eine Zeitverschwendung….Ist ja weit mehr Kunstwerk als Rekonstruktion. Aber der Masse gefällts….Und solange es die National Geographic und co. zahlt…
Also, ich, als glühende „Altägypterin“, die ich mich auch auskenne, finde diese Reko-Verfahren super; auch in der Kriminalistik hat sie sich schon oft bewährt. Ich habe einige „Ägypten-Mumienordner“n für mich angelegt und die betreffenden Personen nach Adel, Priesterschaft – und WICHTIG! – nach Epochen, Dynastien etc. beschrieben…
Daher finde ich es super, dass die entsprechenden Personen nicht mehr ausgewickelt werden, sondern derart „gezeigt werden können“.
Chapeau an alle, die sich solche Mühe geben, die Vergangenheit so bildlich darzustellen.
Wir werden bestimmt noch Vieles mehr entdecken, in jeder Hinsicht, … es fängt gerade erst an. Toll!!!
Liebe Jutta. Du hast vollkommen Recht. Bin absolut deiner Meinung. Dein Kommentar ist super. Viel Spaß beim Sammeln deiner Mumien. ?LG Hans