In einer etwa 2000 Jahre alten Begräbnisstätte des ehemaligen Königreichs Kusch, im heutigen Sudan, finden seit mehreren Jahren Ausgrabungen statt, über deren Ergebnisse die Forscher nun in einem Onlinebuch berichten. Unter den Fundstücken sind neben diversen Töpferwaren, die für das jenseitige Leben bestimmt waren, auch Schmuckstücke und ein mit den sogenannten Udjat-Augen verziertes Kästchen aus Fayence, das vermutlich zum Schutz gegen den „bösen Blick“ diente.
Gräberfeld nahe Kuschs Hauptstadt Meroe
Als im Jahr 2002 Bewohner des sudanesischen Dorfes Dangeil einen Graben anlegen wollten, stießen sie auf einen Friedhof aus der kuschitischen Ära. Das Königreich Kusch existierte in etwa von 900 v.Chr. bis 400 n.Chr. und grenzte im Norden an Ägypten, das damals unter römischer Verwaltung stand. Die Hauptstadt des späten kuschitischen Reiches, Meroe, lag nahe des 5. Nilkatarakts, unweit des heutigen Ortes Dangeil. Für die Ausgrabungen haben sich die sudanesische „National Corporation for Antiquities and Museums“ (NCAM) und das Britische Museum London zum sogenannten „Berber-Abidiya Archaeological Project“ zusammengetan. Die Leiterin des Projekts, Dr. Julie Anderson, Kuratorin am Britischen Museum, hat zusammen mit dem Chefarchäologen der NCAM, Mahmoud Suliman Bashir, nun die bisherigen Ergebnisse der Grabungen in einem Onlinebuch veröffentlicht.
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Obwohl damals auch in Kusch Grabpyramiden benutzt wurden, finden sich bei der hier untersuchten Begräbnisstätte keine Aufbauten auf den unterirdischen Gräbern. Auch nach mehr als 10 Jahren Forschungsarbeit kenne man noch immer nicht das ganze Ausmaß der Begräbnisstätte, sagt Archäologe Bashir.
Grabbeigaben für das Jenseits
Wie die Ägypter, so glaubten auch die Kuschiten an ein Leben nach dem Tod. Sie gaben daher ihren Toten eine Reihe von Gebrauchsgegenständen, aber auch Nahrung, mit ins Grab. So wurden Gefäße gefunden, die ursprünglich mit einem Bier gefüllt waren, das aus Sorghum, einer in Afrika üblichen Getreideart, hergestellt wurde. In einem der Gräber fand man ein besonderes Festgeschirr, das aus sieben miteinander verbundenen Schalen besteht, bei denen sechs um eine zentrale Schüssel herum angeordnet sind. So konnen sieben verschiedene Speisen gleichzeitig angeboten werden. Dieser Fund sei einzigartig, so Bashir, denn etwas Ähnliches sei noch nie irgendwo gefunden worden.
Ägyptische Glaubenssymbole auch in Kusch
Neben dem schon erwähnten Kästchen, das mit Udjat-Augen zum Schutz gegen das Böse verziert war, fanden die Forscher auch einen silbernen Ring mit dem Abbild des Gottes Amun, der vermutlich zum Siegeln von Dokumenten verwendet wurde. Die Verehrung des ägyptischen Gottes Amun auch in Kusch ist nicht ungewöhnlich; so gab es in Meroe auch einen Amuntempel, dessen Überreste noch heute in Dangeil zu sehen sind.
In einem anderen Grab fand man Pfeilspitzen sowie einen steinernen Daumenring, wie er von Bogenschützen zum Spannen der Bogensehne verwendet wurde. Das Bogenschießen war eine verehrte und anerkannte Kunst im alten Kusch, wo auch Könige und sogar Königinnen mit diesem Daumenring abgebildet wurden. Auch der kuschitische Gott Apedemak wurde als Bogenschütze dargestellt.
Die Arbeit des Berber-Abidiya Archaeological Project ist noch nicht beendet – weitere Ausgrabungen werden folgen. Das Projekt wird von der Nubian Archaeological Development Organization (Qatar-Sudan) unterstützt, sagt Projektleiterin Dr. Julie Anderson, der wir für die Erlaubnis zur Verwendung der Fotos ganz herzlich danken.
Quelle: Live Science