Bei Ausgrabungen an einem Beamtengrab in El-Qurna auf Luxors Westbank machten polnische Archäologen nun einen sensationellen Fund: Auf einem Stofffetzen fand sich der Name von Ptolemaios XII. Auletes, welcher Vater der berühmten Kleopatra VII. war. Wie das etwa 100 Jahre v.Chr. gefertigte Tuch in ein Grab des Mittleren Reiches (ca. 2000 v.Chr.) kommen konnte, wissen die Forscher nicht – aber sie haben eine Theorie.
Die Entdeckung machte das polnische Grabungsteam in der Nekropole Scheich Abd el-Qurna in einem 18m tiefen Schacht, der zum Grab eines Würdenträgers des Mittleren Reichs führt. Da aber im 6. Jh. n.Chr. solche Gräber von Eremiten – christlichen Mönchen – als Wohnstatt genutzt wurden, vermuten die Forscher, dass diese Mönche alles nutzten, was sie zum Überleben in der Gegend fanden. So könnte auch dieses Leinentuch in das alte Grab gelangt sein, das man vermutlich in einem der nahen, verlassenen Tempel gefunden hatte.
Bei dem Fundstück handelt es sich um ein Fragment aus Leinen mit einer hieroglyphischen Beschriftung, die mit schwarzer Tinte geschrieben wurde. Es gibt drei senkrechte Kolumnen, von denen zwei Kartuschen enthalten, die normalerweise ja Königsnamen beinhalten. In der linken Kartusche findet sich der Name Ptolemaios, dessen hieroglyphische Schreibweise ja vom Stein von Rosetta bekannt ist und die einst zur Entschlüsselung der Hieroglyphen durch Jean-François Champollion beitrug.
Laut der Forscher gehörte der Stoffetzen einmal zu einem Leinentuch, das ein heiliges Bild, vermutlich die Statue eines Gottes, umhüllte. Diese Schutzhülle war vermutlich ein Geschenk von Pharao Ptolemaios XII. an den Tempel der Hathor in Deir El-Medina, dem Dorf der königlichen Grabhandwerker. Der Pharao war vermutlich ein Unterstützer dieses Heiligtums, denn auch am Eingang dieses Tempels finden sich seine Kartuschen.
Im Geröll des tiefen Schachts wurden auch andere Artefakte gefunden, z.B. Teile von Keramiken aus sowohl der pharaonischen als auch der späteren koptischen Periode und sogar von hölzernen Sarkophagen. Ebenfalls wurde Schmuck gefunden, Perlen und Amulette aus Fayence sowie Ushebtis.
Der stellvertretende Leiter der polnischen Mission, Dr. Andrzej Ćwiek, rechnet nicht damit, dass man die Grabkammer am Ende des Schachts intakt vorfinden wird – dies sei schon allein wegen der Okkupierung durch die christlichen Eremiten nicht wahrscheinlich. Aber eine überraschende Entdeckung seien die bisherigen Funde allemal. Leider erst in der kommenden Grabungssaison, ab Februar 2016, werden die Ausgrabungen an diesem Grab fortgesetzt.
Fotos des beschrifteteten Leinenfragments, des Grabschachtes und der Ushebtis findet ihr beim originalen Presseartikel der Science and Scholarship in Poland.