Was haben die alten Ägypter nicht alles getan, um ihre toten Körper für ein Leben nach dem Tod herzurichten? Balsame, Harze, Natronbäder,… es konnte ihnen nichts aufwendig genug sein, um sich durch einen intakten Körper ein ewiges Leben nach dem Tod zu sichern. Da es kaum antike Aufzeichnungen darüber gibt, wird die Technik der Mumifizierung schon seit vielen Generationen untersucht. Eine Gruppe von Wissenschaftlern ist es nun gelungen, die Geschichte der Mumifizierung auf den Kopf zu stellen: Die alten Ägypter haben schon 1500 Jahre früher begonnen, ihre Toten einzubalsamieren als bisher angenommen.
Seit fasten 100 Jahren liegt im Bolton Museum in England eine kleine Sammlung von Leinenresten aus der Zeit zwischen 4500 – 3100 v. Chr. Die Leinenstücke stammen von menschlichen Körpern, die während einer britischen Expedition in der Region von Badari und Mostagedda im Jahr 1920 gefunden wurden. Bisher nahm man an, dass die Körper durch den heißen, trockenen Wüstensand natürlich mumifiziert wurden, denn die Forschung glaubte bisher die Mumifizierung hätte erst im Alten Reich um 2600 v. Chr. ihren Anfang genommen. Doch in den Leinenstoffen aus der späten neolithischen Ära und der prädynastischen Epoche fanden die Forscher Überreste von tierischen Fetten, Baumharz und Pflanzenextrakten.
Woher kommt die glänzende Substanz auf den Mumienbinden?
Die Leiterin der Studie, Jana Jones von der Macquarie University in Sydney, Australien, hat zusammen mit ihren Kollegen über 50 Proben von den prähistorischen Mumienbinden untersucht. Die meisten stammen aus Gräbern bei Mostagedda in der heutigen Assiut Provinz. Archäologen fiel schon früher auf, dass die Textilien, die sich in Englands Bolton Museum befinden, verdächtig wächsern aussehen. Als ob sie mit Harz übergossen wurden, wie Stephen Buckley, Archäologie-Chemiker von der Universität York, von der Forschungstruppe meint.
Den Verdacht, die Leinenbinden könnten durch eine künstliche Mumifizierung so aussehen, hatte Buckley schon früh. Es gibt auch noch andere, ähnliche aussehende Leinenstücke aus dieser Epoche. In Hierakonpolis z.B. wurden schon mumifzierte Körper aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. mit solchen Leinen gefunden worden. Weil Körper nach ihrem Tod noch eine glänzende Substanz ausstoßen können, war es bisher unsicher, ob es sich hierbei wirklich um eine künstlich hergestellte Substanz handelt. Mehrere Versuche von Wissenschaftlern, Beweise für die Theorie einer früheren Mumifzierung zu finden, schlugen bisher fehl.
Gleiche Rezeptur wie unter den Pharaonen
Doch das Team um Buckley konnte durch chemische Analysen herausfinden, dass diese glänzende Substanz künstlich hergestellt wurde. Die Mixtur bestet zu dreiviertel aus tierischen Fette oder Ölen, die mit kleinen Mengen Pinienharz, aromatischen Pflanzenextrakten, Pflanzengummi und natürlich vorkommenden Petroleum zusammengemischt wurden. Das Baumharz und die aromatischen Pflanzenextrakte haben sehr starke antibakterielle Eigenschaften. Sie konnten zwar die Verwesung des Körpers nicht aufhalten, doch immerhin konnten sie eine Ausbreitung von Bakterien verhindern.
Die Rezeptur war die Gleiche, die später in der pharonischen Epoche für die Mumifzierung angewendet wurde, so Buckley. Die Forscher fanden zudem chemische Signaturen, die auf eine Erhitzung des Gemischs hindeuten. Vermutlich wurden die Stoffe also vorher behandelt. Chemische Spuren, die nur von Meerschwämmen aus dem Mittelmeer stammen können, lassen Raum für mythologische Theorien. Vielleicht hatten die nachwachsenden Schwämme für die alten Ägypter eine religiöse Bedeutung hinsichtlich der Wiedergeburt, so Buckleys Vermutung.
Großes Handelsnetzwerk schon in prähistorischer Zeit
Zumindest zeigen die Schwämme, dass sich die alten Ägypter auch schon in prähistorischer Zeit bis in an die Küsten Ägyptens angesiedelt haben.
Ägypten muss damals schon über ein großes Handelsnetzwerk verfügt haben, vermutet Buckley. Einige der Komponenten mussten von außerhalb des Landes importiert werden, wie das Pinienharz, das aus dem südöstlichen Anatolien, der heutigen Türkei, stammte, so Buckley weiter.
Wo sind die Körper zu den Leinenresten?
Die menschlichen Überreste, die in den Leinen gewickelt waren, sind verloren gegangen. Unglücklicherweise waren die britischen Archäologen mehr an Artefakten, wie Keramiken, Schmuck, Muscheln und anderen Objekten, die den Toten für die letzte Reise mit ins Grab gelegt wurden, interessiert. Das war zu dieser Zeit durchaus noch üblich, denn das Verhältnis zu toten Körpern löste damals noch Unbehagen aus. Daher wisse man nicht, wo sich die Körper heute befinden so Buckley. Immerhin waren die Archäologen des frühen 20. Jahrhunderts interessiert in Textilien. Buckley würde sich aber nicht wundern, wenn die Mumien noch in irgendeinem Museumsmagazin auftauchen würden.
Die Unteruschungsergebnisse machen die Ägypter übrigens nicht zu dem ältesten Volk, dass ihre Toten mumifiziert hat. Die Chinchorro Kultur in Nordchile und Peru mumifizierten ihre Toten schon um das Jahr 6000 v. Chr.
Der Artikel ist im Fachmagazin Plos One erschienen
Quelle: LiveScience
Bei selket.de erhaltet ihr mehr Informationen über die Methoden der Mumifizierung (das Thema ist nun neu überarbeitet)