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Zeigt Pavian-DNA, wo das sagenumwobene Land Punt lag?

Schriftliche Quellen aus dem Alten Reich beweisen, dass die alten Ägypter schon vor über 4000 Jahren mit dem Land Punt Handel trieben. Die heute berühmteste Handelsexedition startete wohl die Königin Hatschepsut im 15. Jh. v.Chr. und berichtete darüber in Wandinschriften in ihrem Totentempel in Luxor. Über Jahrtausende importierte Ägypten aus Punt also viele Waren, z.B. Weihrauch, Ebenholz, Elfenbein und auch exotische Tiere. Nur wo genau dieses sagenumwobene Land lag, das steht in keiner der schriftlichen Quellen. Allgemein wird heute eine Region am Horn von Afrika angenommen, vielleicht dort, wo heute Äthiopien, Eritrea, Dschibuti und Somalia liegen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie eines internationalen Forschungsteams nutzte nun die DNA mumifizierter Paviane, um diese Region weiter einzuengen.

Der Pavian spielte in Ägypten eine große Rolle. Gleich zwei Götter wurden auch als Paviane dargestellt: Babi, ein dämonischer Gott der Unterwelt und Thot, der Gott der Weisheit, Schrift und Wissenschaft. In Sakkara und Tuna el-Gebel fand man auf Tierfriedhöfen zahlreiche mumifizierte und bestattete Paviane aus der ptolemäischen Zeit. Woher aber kamen die Tiere, die in Ägypten weder damals noch heute heimisch sind, sondern die importiert oder extra gezüchtet werden mussten?

Pavianstatue zu Ehren des Gottes Thot in Hermopolis Magna. Foto: N.J. Dominy. Aus: Grathwol et al: »Adulis and the transshipment of baboons during classical antiquity«

Im Jahr 2020 hatte Nathaniel Dominy, ein Primatenforscher am Dartmouth College in den USA, anhand von Isotopen aus den Zähnen von Pavianmumien deren Ernährungspalette untersucht und war zu dem Schluss gekommen, dass diese Tiere aus einer Region des heutigen Somalia, Eritrea und Äthiopien kamen. Die von ihm untersuchten Mumien stammten aus einer Zeit zw. 1550 und 1070 v.Chr., als der Pavianimport nur aus Punt bekannt war. Dominys Ergebnisse bestätigten also, dass Punt in dieser Region Afrikas gelegen haben muss.

Für die ptolemäische Zeit (ab ca. 300 v.Chr.) gibt es dagegen Berichte von griechisch-römischen Geschichtsschreibern, dass damals die Stadt Adulis die einzige Quelle für den Bezug von Pavianen war. Adulis war eine antike Stadt an der Küste des heutigen Eritreas.

Nun kann die Ernährung von Tieren, die zeitlebens in Gefangenschaft lebten und mit ägyptischen Pflanzen gefüttert wurden, nicht viel über deren ursprüngliche Herkunft sagen. Dies geht aber über DNA-Untersuchungen. Die Forscherinnen unter der Führung von Dr. Gisela Kopp von der Uni Konstanz untersuchten DNA-Proben mehrerer Pavianmumien, darunter auch zehn Mumien, die aus einer Zeitperiode ca. 800-540 v.Chr. stammen. Diese waren 1853 im thebanischen Gabbanat el-Qurud (Tal der Affen) gefunden worden und liegen heute im Musée des Confluences in Lyon. Leider waren die DNA-Reste von nur einer einzigen der zehn Mumien ausreichend für die Sequenzierung. Die Ergebnisse zeigen eine genetische Nähe zu Pavianpopulationen nahe der eriträischen Küste – „ganz in der Nähe des antiken Hafens von Adulis“, sagte Kopp der Livescience.

Da die antiken Textquellen Adulis erst in der griechisch-römischen Zeit (ab 300 v.Chr.) erwähnen, zeigt nun diese Forschungsarbeit, dass der Handel mit der Region um Adulis auch schon einige Jahrhunderte früher (ab 800 v.Chr.) bestanden haben muss. „Vielleicht war das frühere Punt ganz in der Nähe des Ortes, wo später Adulis entstand“, so Kopp. Gerne möchten die Forscherinnen weitere Mumien aus unterschiedlichen Zeitperioden untersuchen, denn ihr Ergebnis basiert derzeit auf nur einer einzigen DNA-Quelle. Dies sei eben eine der ersten genetischen Untersuchungen an nicht-menschlichen Primaten gewesen und es wäre wichtig, sie durch ähnliche Untersuchungen zu bestätigen.

a) Heutige Verbreitung der sechs Pavianarten. b) Abstammung der Pavianmumie aus Gabbanat el-Qurud. Aus: Grathwol et al: »Adulis and the transshipment of baboons during classical antiquity«
Pavianstatue des Gottes Thot aus Abu Simbel, 19. Dyn, Neues Reich. Nubisches Museum Assuan

Kopp wies in der Livescience noch darauf hin, dass Paviane die einzigen Tiere in Ägyptens Götterwelt sind, die in Ägypten gar nicht heimisch seien. Paviane seien auch keine angenehmen Zeitgenossen: Sie stehlen Ernten und brechen in Häuser ein, um etwas zu fressen zu finden. Es sei daher ein bisschen merkwürdig, dass sich die alten Ägypter so für diese Tiere interessiert hätten.


Die ersten beiden Bilder im Text stammen aus:
Franziska Grathwol, Christian Roos, Dietmar Zinner, Benjamin Hume, Stéphanie M Porcier, Didier Berthet, Jacques Cuisin, Stefan Merker, Claudio Ottoni, Wim Van Neer, Nathaniel J Dominy, Gisela H Kopp. (2023)
»Adulis and the transshipment of baboons during classical antiquity«. eLife 12, https://doi.org/10.7554/eLife.87513

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