Nach einer langen Durststrecke hat das ägyptische Antikenministerium nun endlich wieder neue Sehenswürdigkeiten am Westufer von Luxor der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es gibt neue Räume im Hatschepsut-Tempel in Deir el-Bahari und gleich drei neu eröffnete Gräber zu bestaunen.
Die neuen Räume im Hatschepsut-Tempel
Auf der oberen Terrasse des Hatschepsut-Tempels hat das Polnische Zentrum für Archäologie des Mittelmeerraums an der Universität Warschau (PCMA UW) viele Jahre die inneren Räume restauriert. Nun können die nördlichen und südlichen Kammern des Gottes Amun-Re endlich besichtigt werden. Die neu eröffneten Räume flankieren Amun-Res Hauptheiligtum, das bereits im Jahr 2017 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Die Kammern wurden vom Generalsekretär des Obersten Rates für Altertümer (SCA) Mostafa Waziri und von Anna Wodzińska, Direktorin des Polnischen Zentrums, feierlich eingeweiht. Bei der Pressekonferenz bedankte sich Waziri ausdrücklich bei dem gesamten Team von Restauratoren, Architekten, Bauingenieuren und Ägyptologen der polnischen und ägyptischen Seite.
Wie aus den restaurierten Wanddekorationen hervorgeht, diente der südliche Raum wahrscheinlich zur Aufbewahrung von Duftstoffen und Leinengewändern, die bei Ritualen verwendet wurden. Die Funktion des nördlichen Raumes ist hingegen unbekannt. An den Wänden sind die Opfergaben, die Königin Hatschepsut und ihr Nachfolger, Thutmosis III., Amun-Re darbrachten zu sehen, sowie einige Rituale, wie z. B. den so genannten Ruderlauf, eine Kulthandlung, bei der der König schnellen Schrittes mit einem Ruder in der Hand auf einen Gott zuläuft.
Etwas versteckt hinter den Türen ist die Figur von Senenmut, Hatschepsuts Baumeister und engsten Vertrauten, zusammen mit einer Inschrift abgebildet. Dort ist zu lesen, dass die Königin ihm erlaubte, seinen Namen in allen Räumen des Tempels eingravieren zu lassen. Aber nur in diesen beiden Räumen wurde er nicht kniend vor Hatschepsut , sondern stehend dargestellt, was auf eine besondere Funktion dieser Räume hinweisen könnte, so Wodzińska.
Die polnisch-ägyptische Mission im Hatschepsut-Tempel in Deir El-Bahari ist seit 1961 tätig. Gegründet wurde sie von Professor Kazimierz Michalowski, dem Dekan der polnischen Mittelmeerarchäologie.
Über den Hatschepsut-Tempel
Der Hatschepsut-Tempel in Deir el-Bahari wurde im 15. Jahrhundert v. Chr. im Auftrag von Königin Hatschepsut erbaut und gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der altägyptischen Architektur.
Der Tempel ist auf drei Terrassen erbaut und besteht aus mehreren Hallen, Säulengängen und heiligen Räumen, die mit Reliefs und Hieroglyphen geschmückt sind. Die erste Terrasse diente als Empfangsraum für die Gläubigen, die zweite Terrasse beherbergte den Hauptaltar und die dritte Terrasse, dort, wo jetzt auch die Räume neu eröffnet wurden, war dem Gott Amun geweiht.
Eines der beeindruckendsten Merkmale des Tempels sind die Reliefs an den Wänden, die Szenen aus dem Leben der Königin und ihrer Beziehung zu den Göttern darstellen. Die Reliefs zeigen auch Hatschepsut bei ihren Expeditionen zum Land Punt und ihren Bauprojekten, darunter den Bau des Tempels selbst.
Der Hatschepsut-Tempel war einst Teil eines größeren Komplexes, der auch Tempel, Gärten und Lagerhäuser umfasste. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Tempel jedoch von Sand und Schutt begraben und erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt und restauriert.
Das Grab des Meru
Ganz in der Nähe des Hatschepsut-Tempels, in der Nekropole Nord-Asasif, befindet sich das Grab des Meru, ein hochrangiger Beamter am Hof des Pharaos Mentuhotep II. (11. Dynastie , ca. 2055-2004 v. Chr.), dessen Totentempel mit Grabkammer im Talkessel neben Hatschepsuts Tempel liegt.
„Dies ist die erste Stätte aus einer so frühen Periode in Theben-West, die für Besucher zugänglich gemacht wurde“, so Fathi Yassin, Generaldirektor für Altertümer in Oberägypten, der zusammen mit Zahi Hawass ebenfalls den Eröffnungen beiwohnte.
Das Grab von Meru liegt gegenüber der Prozessionsallee, die zum Tempel von Mentuhotep II. führt, dessen Ruinen neben dem berühmten Terrassentempel der Hatschepsut zu sehen sind. Es ist bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. Meru war ein hochrangiger Hofangestellter des berühmten Pharaos Mentuhotep II. (11. Dyn.), der das Reich nach der 1. Zwischenzeit wiedervereinigt hatte und so die Epoche begründete, die wir heute das Mittlere Reich nennen.
Das Grab des Meru hat eine Außenfasssade, durch die ein Gang zu einer Opferkapelle führt, wo in einer Nische die Statue des Grabherrn zu bewundern ist. Ein Grabschacht führt hinunter in die Grabkammer, die noch den Sarkophag enthält. Die Grabkammer ist der einzig dekorierte Raum des Grabes. Im Jahr 1996 wurden einige Wandmalereien von italienischen Restauratoren gereinigt. Von 2015 bis 2023 arbeiteten Archäologen des PCMA UW Asasif Projects in Zusammenarbeit mit dem SCA mit Restauratoren der Akademie der Schönen Künste in Warschau an der Restaurierung und Dokumentation des Grabes.
Neue Gräber in Dra Abu el-Naga
Nach der Eröffnung der neuen Räume im Hatschepsut-Tempels und des Grabes im Asasif, ging die Delegation weiter nach Dra Abu el-Naga, wo sich eine weitere Nekropole befindet, die seit der Ersten Zwischenzeit genutzt wurde. In dieser Region am Westufer des Nils wurden die Pharaonen der 17. Dynastie bestattet. Aber auch hochrangige Beamte dieser Zeit und aus dem Anfang der 18. Dynastie, in der auch Hatschepsut lebte, nutzten das Gebiet als Nekropole, wovon zahlreiche Grabkapellen aus dieser Zeit zeugen.
In Dra Abu el-Naga leitet eine ägyptisch-spanische Mission das Djehuty-Projekt, das Ausgrabungen, Restaurierungen und Dokumentation in dieser Gegend durchführte und in den letzten Jahren immer wieder für überraschende Entdeckungen sorgte.
Schwerpunkt der Mission waren die im Jahr 2003 entdeckten Kapellengräber von Djehuty und Hery, zwei hohe Beamten, die zu Beginn der 18. Dynastie lebten.
Die Restaurationsarbeiten an den beiden Gräber wurden nach jahrelanger Arbeit nun abgeschlossen. Wände, Decken und Säulen wurden architektonisch verstärkt, das Grab von Schutt befreit und für einen sicheren Zugang wurde der Boden mit Holzpanelen ausgelegt. Solarzellen sorgen für nachhaltiges Licht.
Dr. Eliosa de Elbino, Präsidentin des Obersten Rates für wissenschaftliche Forschung in Spanien, hat nun die beiden Gräber nach den umfassenden Arbeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Über Djehuty und Hery und deren Gräber
Die beiden Gräber wurden in einer T-Form angelegt, einer typischen Form für Gräber der 18. Dynastie.
Djehuty diente 22 Jahre lang unter Königin Hatschepsut, unter anderem als Leiter der Schatzkammer und als Aufseher der Künstler. Er war verantwortlich für die Errichtung von zwei Obelisken der Hatschepsut im Karnaktempel und nahm auch indirekt an der berühmten Punt-Expedition von Hatschepsut teil. In einer Passage der Northampton-Stele wird erwähnt, dass er der Buchhalter für die Waren aus Punt war, er schrieb also Listen mit den Rohstoffen und exotischen Waren, die von der Punt-Expedition im Jahr 9 der Regentschaft Hatschepsuts mitgebracht wurden und die hinterher der Amun-Tempel in Karnak erhielt.
In Deir el-Bahari – wo seine Gestalt wahrscheinlich von den Anhängern Thutmoses‘ III. ausgemeißelt wurde – berichtet er in Anwesenheit seines göttlichen Namensgebers Thot (altägyptisch Djehuty) von den „Wundern der fremden Länder von Punt“.
Djehutys ungewöhnliches Grab
Djehutys Grab ist mit vielen Inschriften über sein Leben, aber auch mit religiösen Texten verziert. Zu sehen sind Darstellungen von Festen, der Jagd und einer Pilgerreise nach Abydos, die er wohl mit seiner Mutter unternommen hatte.
In Djehutys Grabkammer sind die 43 Kapitel des Totenbuches aufgeführt, was in zweierlei Hinsicht ziemlich ungewöhnlich ist. Seine Kollegen ließen sich alle in undekorierten Grabkammern bestatten und es ist das bisher frühste Grab, in dem die Kapitel des Totenbuches entdeckt wurden, bevor man sie unter anderem auch auf Papyrus übertrug. Die Inschriften könnten darauf hinweisen, dass sein Vater möglicherweise nichtägyptischer Herkunft war, weshalb Djehuty nur umso mehr betonen wollte, dass er die ägyptische Schrift beherrschte und sich auch in der altägyptischen Religion und in dessen Ritualen gut auskannte, so die Vermutung von Jose Galan, Leiter der Mission der spanischen Seite,
Er erklärte weiterhin, dass das Andenken Djehutys nicht nur im Hatschepsut-Tempel ausgelöscht wurde. Auch der Name und das Gesicht von Djehuty, die auf Inschriften der Friedhofsmauern zu finden sind, sind nach seinem Tod systematisch beschädigt worden. Damit wurde nicht nur sein Andenken ausgelöscht, sondern nach dem Glauben der alten Ägypter war es ihm auch nicht mehr möglich, ewig zu leben.
Herys Grab
Hery wiederum lebte etwa 50 Jahre vor Djehuty. Er hatte die Titel Schreiber des Königs und Aufseher der Kornspeicher der Königsgemahlin Ahhotep, einer Königin der 17. Dynastie und wahrscheinlich Gattin des Königs Seqenenre. In Herys Grab ist ein Begräbniszug dargestellt sowie ein Bankett zu Ehren von ihm und seiner Mutter. Weiter sieht man Menschen mit Opfergaben und eine Darstellung von Hery selbst bei der Jagd mit Pfeil und Bogen. Die Grabkammer selbst ist, im Gegensatz zu Djehutys, undekoriert.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten konnte die ägyptisch-spanische Mission einige wichtige Entdeckungen in Dra Abu el-Naga machen, darunter ein Bildnis von Königin Hatschepsut, ein Satz goldener Ohrringe, die am Eingang zur Grabkammer des Grabes von Djehuty gefunden wurden. In einer Grube am Eingangshof der Nekropole von Djehuty fanden die Archäologen ein 15-jähriges Mädchen, das vor 3.600 Jahren lebte und mit vier exquisiten Halsketten, Ohrringen und zwei Ringen begraben wurde.
Fazit: Mit diesen vier neuen Attraktionen auf der Westbank, den restaurierten Säulen im Karnaktempel, den neuen Statuen vorm Luxortempel und der fertigen Sphingenallee lohnt ein erneuter Besuch in Luxor 😉
Besuchte justament am Eröffnungstag den Tempel . Bin auch an Zahi Hawass vorbeigelaufen der sichtlich genervt von den Selfies das weite suchte…Die zwei Kammern sind sehr klein und das dargestellte wenig aufregend.
Aber halt schon toll das man nach 3500 jahren was neues vom Tempel zu sehen bekommt 🙂
Kleiner Erfahrungsbericht zum Besuch der neu geöffneten Gräber:
Wir hatten zufällig für drei Wochen nach der Eröffnung der drei neuen restaurierten Gräber einen Luxor-Besuch gebucht und deswegen auch gleich diese Gräber in unser Besuchsprogramm aufgenommen. Freilich gab es – ganz nach ägyptischer Manier – etwas Verwirrung beim Kauf der Tickets hierfür: Die Gräber für Djehuty und Hery sind im Ticket für Dra Abu el-Naga inbegriffen, so dass man nun für das gleiche Geld dort fünf Gräber zu sehen bekommt. Freilich sind die Reliefs und Inschriften bei beiden Grablegen schon etwas stärker zerstört und man muss sich zuerst etwas einsehen… Also eher was für Enthusiasten! Aber vor allem die feinen Flachreliefs im Grab des Hery erstaunen einen dann doch sehr, da hier schon unmittelbar zu Beginn der 18. Dynastie eine sehr hohe künstlerische Qualität erreicht wird.
Auch das Grab des Meru bringt als Werk des frühen Mittleren Reiches selbst den bewanderten Ägypten-Reisenden neue Erkenntnisse und Eindrücke, da es hier keine figürlichen Darstellungen gibt: nur Texte und die Darstellungen von Speisegaben. Zudem sind hier die Malereien erstaunlich gut erhalten. Allerdings gestaltet sich der Ticket-Erwerb etwas schwieriger: Am allgemeinen Ticket-Shop der West-Bank wurde uns nämlich zuerst mitgeteilt, dass das Meru-Grab auch im Dra Abu el-Naga-Ticket inbegriffen wäre. Am Eingang am Hatschepsut-Tempel wussten sie davon natürlich nichts, verkauften uns dann dort ein Ticket für das Anch-Hor- und das Cheruef-Grab und gaben uns gleich (für 100 im Voraus zu zahlende (zusätzliche) L.E. ) einen Menschen mit Schlüssel mit… Allerdings kamen wir dann mit diesen Tickets nicht durch die Drehkreuze des Hatschepsut-Tempels… Also noch mal zurück und noch Tickets für den Hatschepsut-Tempel kaufen (Was ja in diesem Fall nicht so schlimm war, da wir uns dort ja auch noch die neu geöffneten Kammern anschauen wollten…) Dann konnten wir endlich den Aufstieg zum Grab des Meru antreten… wobei wir von dem uns begleitenden Ghafir erfuhren, dass es in den letzten drei Wochen – seit Öffnung des Grabes – täglich durchaus immer ein bis zwei Anfragen gab, um hinauf zum Meru-Grab geführt zu werden. Warum man also an den verschiedenen Ticket-Schaltern etwas überfordert scheint, mit Besuchern, die das neue geöffnete Grab des Meru besichtigen wollen, und man ganz unterschiedliche Informationen bekommt, welche(s) Ticket(s) nun zum Besuch dieses Grabes zu lösen sind, ist wieder eine dieser Fragen, mit denen man auf (individuell gestalteten) Ägypten-Reisen immer wieder konfrontiert wird. Aber es findet sich ja auch immer eine Lösung… Und wie gesagt: Das Meru-Grab ist sehr sehenswert!
Oje, das ist uns leider auch schon passiert, dass bei neu eröffnete Sehenswürdigkeiten alles erst einmal ein wenig schwierig ist 😉 Das wird sich bestimmt noch einspielen. Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht!