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Pariser Sorbonne Uni will verlorenen Sarkophag von Ramses II. identifiziert haben

Auf einem bereits vor 15 Jahren gefundenen Teil eines Granitsarkophags, in welchem in der Spätzeit des altägyptischen Reiches in Abydos ein Priester bestattet worden war, konnte ein Forscher der Pariser Sorbonne Universität nun die Namenskartusche von Ramses II. nachweisen. Damit ist dieses Granitfragment höchstwahrscheinlich ein Teil des großen, äußeren Sarkophags von Ramses II., der seit der Plünderung von Ramses‘ Grab verschollen war, kündigt die Sorbonne Universität in einer Presseerklärung an.

Ramses II. ist einer der berühmtesten Pharaonen Ägyptens. Er wurde über 90 Jahre alt und regierte das Reich ganze 66 Jahre lang. Einige der schönsten Bauwerke Ägyptens sind ihm zu verdanken, z.B. der imposante Doppeltempel in Abu Simbel, den Ramses II. für sich und seine geliebte Große Gemahlin Nefertari bauen ließ .

Die versetzten Felsentempel von Ramses II. und Nefertari in Abu Simbel. Foto: selket.de

Ramses II. wurde im Tal der Könige im Grab KV7 bestattet, das leider schon in der Antike mehrfach überschwemmt wurde. Die Mumie des Pharaos wurde daher — und auch wegen Plünderungen — einige Male in andere Gräber umgebettet und landete schließlich in der sogenannten Cachette von Deir el-Bahari.

Bei diesen Umbettungen lag die Mumie in einem hölzernen Sarg. Laut der Sorbonne Uni ist heute klar, dass Ramses II. in einem leider nicht mehr existierenden Goldsarg bestattet wurde und dieser in einem Alabastersarkophag lag, den man zerstört in seinem Grab fand. Das nun entdeckte Fragment beweise nun, dass dieser Alabastersarkophag wiederum in einem noch größeren Granitsarkophag stand, der bislang als verschollen galt.

Lage des Klosters Apa Moses in Abydos. Zeichnung der Karte: Kevin M. Cahail

2009 fand sich bei Ausgrabungsarbeiten in dem koptischen Kloster Apa Moses in Abydos, südwestlich des Tempels von Sethos I. gelegen, eine Bodenplatte aus rotem Granit, die sich als Teil eines altägyptischen Sarkophags entpuppte, den ein Hohepriester der 21. Dynastie namens Men-Cheper-Re für seine Bestattung in Abydos benutzt hatte. Er hatte dabei seinen Namen auf dem Sarkophag über den eines Anderen gravieren lassen; er hatte also einen älteren Sarkophag wiederverwendet. Leider konnten die beiden ägyptischen und amerikanischen Archäologen, Ayman Damarany und Kevin M. Cahail, den ursprünglichen, überschriebenen Namen nicht herausfinden. Nach der Art der Darstellungen auf dem Granitfragment musste dieser aber aus der 19. Dynastie stammen und einer hochstehenden Persönlichkeit gehört haben, denn nur solche konnten sich so große und fein gearbeitete Granitsarkophage leisten.

Fundort des Granitfragments 2009 im Boden des Klosters neben anderen dafür verwendeten Kalksteinblöcken. Fotos: Ayman Damarani

Als nun Frédéric Payraudeau, Ägyptologe und Dozent an der Sorbonne Universität, das Fragment erneut untersuchte, fand er tatsächlich den Namen von Ramses II. in einer königlichen Kartusche in den alten Inschriften. Er geht daher davon aus, dass diese Bodenplatte des alten Klosters ein Teil des äußeren Sarkophags von Ramses II. war. Diesen anscheinend unbeschädigten Sarkophag aus Rotem Granit hatte sich der Hohepriester Men-Cheper-Re, der sich während der 3. Zwischenzeit (21. Dyn.) auch als König von Oberägypten ansah, dann in Luxor geschnappt und für seine eigene Bestattung nach Abydos gebracht, wo er seinen Namen in einer königlichen Kartusche über den Namen von Ramses meißeln ließ, glaubt Payraudeau.

Frédéric Payraudeau sieht das als weiteren Beweis dafür, dass in den Gräbern des Tals der Könige nicht nur aus Geldgier geplündert wurde, sondern dass viele Artefakte von den nachfolgenden Generationen auch für ihre eigenen Bestattungen wiederverwendet wurden. Leider ist sein wissenschaftlicher Text dazu, auf den sich die Presseerklärung der Sorbonne Uni bezieht, noch nicht online verfügbar, sodass wir keine weiteren Informationen dazu haben, warum eine einzige Namenskartusche von Ramses II. ihn (und die Weltpresse) davon überzeugen, dass dies auch der Sarkophag von Ramses II. sein muss. Schließlich könnte es ja auch ein hoher Hofbeamter gewesen sein, der den Namen seines Königs, in dessen Dienst er stand, auch auf seinem Sarkophag erwähnen wollte. Da die Sorbonne Uni in ihrer Presseerklärung aber titelt, dass Ramses‘ Sarkophag nun identifiziert sei, wollen wir mal glauben, dass es in der wissenschaftlichen Veröffentlichung dann weitere Beweise dafür geben wird. Wir sind gespannt!


Die Bilder stammen aus:
Cahail, Kevin M., Damarany, Ayman: »The Sarcophagus of the High Priest of Amun, Menkheperre, from the Coptic Monastery of Apa Moses at Abydos«. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Abteilung Kairo (MDAIK) 72 (2016): 11–30.

4 Gedanken zu „Pariser Sorbonne Uni will verlorenen Sarkophag von Ramses II. identifiziert haben“

  1. Das ist eine interessante Entdeckung. Man bekommt so wenige Informationen über KV7 und dessen ursprüngliche Ausstattung. Bei einer Regentschaft von über 60 Jahren ist anzunehmen, dass es sich wohl um das prachtvollste Grab im Tal der Könige handelte. Ich habe mir die Ramses Ausstellung in Paris angeschaut, wo der innere Holz-Sarkophag als Highlight gezeigt wurde. Ich meine gelesen zu haben, dass dies unter Experten entgegen der Aussage in der Ausstellung durchaus angezweifelt wird. Irgendwie passt der relativ einfache Stil des Holzsargs nicht zu dem was man sich von Ramses dem Großen erwartet, insbesondere wenn man mit den inneren Särgen von Tutanchamun vergleicht. Wer weiss darüber näheres?

  2. Die Ägyptologen sind sich ziemlich einig darüber, dass der Holzsarg mit der Mumie Ramses‘ II. stilistisch in die Zeit der späten 18. Dynastie (Umfeld der Amarna-Zeit) gehört. Der Zusammenhang mit Ramses II. ist nur durch die bei der Umbettungsaktion der Mumien nachträglich auf der Oberseite des Deckels angebrachte Tintenaufschrift mit den Namenskartuschen gegeben. Wenn man sich bspw. die alten sw-Aufnahmen des Sargdeckels von KV 55 in der Publikation von Th.M. Davies und G.Maspero („The Tomb of Queen Tiyi“, London 1910) ansieht, auf denen das ursprüngliche Gesicht noch gut zu erkennen ist, lässt sich dessen große stilistische Ähnlichkeit mit dem „Ramses“-Sarkophag erkennen (die Bilder davon im Netz, wie bspw. https://ciasalesk.live/product_details/15245153.html, haben leider immer eine zu schlechte Auflösung bzw. sind zu kleinformatig). Da es sich beim vermeintlich schlichten „Ramses“-Sarkophag (das Zedernholz dafür musste ja auch teuer importiert werden) aufgrund der Attribute um einen von vorneweg für einen Pharao konzipierten Sarg handelt, ist das Spektrum der dafür in Frage kommenden ursprünglichen Besitzer nicht allzu groß. Zumeist wird Haremhab vermutet, es könnten aber auch bspw. Eje oder Semenchkare (wenn man, so wie ich, an dessen Existenz glaubt) gewesen sein.

  3. Da stellt sich doch die Frage, warum auf dem Holz-Sarkophag keine Königs-Kartusche vom ursprünglichen Besitzer zu finden ist. Wäre das nicht normalerweise zu erwarten? Ich würde als Besitzer zwei Könige mit kurzer Regentschaft favorisieren: Eje und Ramses I.

  4. Joachim, danke für den Tip mit Davis‘ „Teje“-Grab (https://archive.org/details/cu31924028654691/page/n135/mode/1up)! Diese alten sw-Bilder vom KV55-Sarkophag kannte ich noch nicht. Es sieht wirklich so aus, als ob damals noch mehr vom „Gesicht“ übrig war (Abbildung XXX).
    Bei Martha Bell findet sich auch einiges: An Armchair Excavation of KV 55 (pp. 97-137): JARCE, Journal of the American Research Center in Egypt, Vol. 27, 1990 (https://www.jstor.org/stable/i40000003).

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