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Ausstellung schlägt hohe Wellen – Ägypten entzieht Museum in Leiden Ausgrabungslizenz

Der Aufschrei in Ägypten war groß, als die Macher einer Netflix-Doku die Kleopatra mit einer schwarzen Darstellerin besetzten (wir berichteten). Von kulturellem Diebstahl war die Rede und dass Netflix die afrozentrischen Bewegung (die behaupten, die alten Ägypter waren Schwarzafrikaner gewesen) unterstützen würde. Die Quittung dieser Diskussion müssen zwar auch Netflix und vor allem Produzenten und Hauptdarstellerin mit einem Shitstorm tragen, aber nun auch Archäologen des Rijksmuseums van Oudheden (RMO) in Leiden, die nun nicht mehr in Sakkara graben dürfen.

Was war passiert? Im Reichsmuseum der Altertümer in Leiden läuft zur Zeit die Ausstellung „Kemet: Egypt in Hip Hop, Jazz, Soul & Funk“. Die im April eröffnete Ausstellung ist noch bis zum 3. September zu sehen. Die Sonderausstellung „begibt sich auf eine Reise durch die Musikgeschichte“ und beleuchtet „den Einfluss des alten Ägyptens und Nubiens… in den Werken einer Vielzahl von Musikern afrikanischer Herkunft“, wie es auf der Webseite des Museums heißt.

Zu sehen sind unter anderem Musikvideos und Fotos, die Beyoncé und Rihanna als Königin Nofretete zeigen, den amerikanischen Rapper Nas, der sein Gesicht in die Goldmaske von König Tutanchamun verschmolzen hat und mehrere ägyptisch inspirierte Kostüme des Jazzmusikers Sun Ra.

Wie bei der „Cleopatra“-Doku löste die Ausstellung einen Sturm der Entrüstung aus und vor allem Ägypter überfluteten den Social Media Account des Museums mit bösen Kommentaren.

Um den entgegenzuwirken, veröffentlichte das Museum eine Stellungnahme auf einer eigens eingerichteten Internetseite. Darin betont es, dass es beleidigende oder rassistische Kommentare von seinen Social-Media-Plattformen entfernen werde und erklärt detailliert die Hintergründe und Ziele der Ausstellung.

So haben die Kuratoren beispielsweise zu der Hauptausstellung auch noch eine kleine Kunstaustellung namens „Time and Again Kemet“ integriert, die den Blick ägyptischer und internationaler Künslter auf ägyptische Antiquitäten integriert. Hier zeigen 4 Künstler:innen (darunter auch 2 ägyptische) ihre persönlichen Perspektiven und zeitgenössischen Reflektionen auf Ägyptens Vergangenheit und hinterfragen die bekannten eurozentrischen Abbildungen, die wir seit dem 19. Jh. kennen. Die Ausstellung wirft also nicht nur einen ausschließlich schwarzen, amerikanischen Blick auf die ägyptische Geschichte, sondern auch einen europäischen.

Doch das Kind war da schon längst in den Brunnen gefallen. Das RMO erhielt eine E-Mail des Leiters der Auslandsvertretungen der ägyptischen Altertumsbehörde mit dem Inhalt, dass das Museum mit seinem „afrozentrischen Ansatz“ die Geschichte verfälschen würde. Die ägyptischen Behörden gingen dann sogar so weit, dass es dem Museum, das seit fast 50 Jahren in Sakkara tätig ist, die Ausgrabungslizenz entzog.

Man sei sehr enttäuscht über die Reaktion aus Ägypten, so das RMO. Natürlich hat Ägypten das Recht, eine Ausgrabungsgenehmigung zu widerrufen, schließlich ist es ihr Land und ihr Erbe, so das Museum. Doch es hält diese Entscheidung für falsch. Die Behauptung bei der Ausstellung handelt es sich um die „Verfälschung“ der altägyptischen Geschichte ist nur ein politisches Argument, „um die Unzufriedenheit mit der Ausstellung auszudrücken und unsere Ausgrabung zu verbieten.“ Das RMO zeigt sich weiterhin überrascht, dass dieses Argument von „Leuten vorgebracht wird, die die Ausstellung nicht gesehen haben“.

Trotzdem will man den Dialog mit den ägyptischen Behörden führen, wie Wim Weijland, der Geschäftsführer des Museums, gegenüber CNN bestätigte.

In „The Art Newspaper“ verwies Weijland auf frühere Ausstellungen im RMO, die den Einfluss des alten Ägyptens auf moderne Themen wie Filme, Comics und Opern ausübte und führte als Beispiel die Ausstellung „Gods of Egypt“, die von Oktober 2018 bis Januar 2019 lief. Nun präsentiert das Museum eine Ausstellung über die „Faszination und Inspiration, die das alte Ägypten auf hauptsächlich amerikanische Künstler aus der Soul-, Rap- und Funk-Bewegung ausübt“.

Frühere Ausstellungen waren eher aus der europäischen Sicht zusammengestellt, die aktuelle Ausstellung sei dagegen aus der Perspektive von hauptsächlich schwarzen, amerikanischen Musikern entstanden. Manche Ausstellungsgegner finden, dass diese Leute sich die altägyptische Kultur nicht aneignen sollten, so Weijland und ergänzt, dass diese Diskussion natürlich auch mit einer antischwarzen Stimmung zu tun hat, der sich das RMO bewusst entgegenstellt.

Kunst ist immer eine Sache des Betrachters aber Kunst sollte immer frei sein. Dass das RMO afrozentische Hintergedanken bei der Konzeption der Ausstellung hatte, halte ich für eher unwahrscheinlich. Sie wollten einfach nur zeigen, wie die altägyptische Kultur die Menschen heute noch beeinflusst.

Die fast 50 Jahre alte Lizenz einer Mission, die sich große Verdienste um das ägyptische Erbe in Sakkara erworben hat, einfach so zu widerrufen, ohne sich mit dem Museum oder der Ausstellung auseinanderzusetzen, ist schon sehr bitter für das RMO und allen Beteiligten.

Mostafa Waziri, Generalsekretär des Obersten Rates für Altertümer in Ägypten, hat übrigens nicht auf die Bitte von CNN um einen Kommentar reagiert…

9 Gedanken zu „Ausstellung schlägt hohe Wellen – Ägypten entzieht Museum in Leiden Ausgrabungslizenz“

  1. „Faszination und Inspiration, die das alte Ägypten auf hauptsächlich amerikanische Künstler aus der Soul-, Rap- und Funk-Bewegung ausübt“

    Hahah, das die Amerikaner schlecht in Geschichte sind ist ja bekannt:
    Die Nubier, und Schwarzen waren seit alters her meist das Feindbild des antiken Ägypten (und oder geduldet als Söldner oder Tagelöhner). Siehe Abbildungen auf Fussschemel etc. mit Libyern und Asiaten auf die der Pharaoh seine Füsse setzte, usw…Das heisst auch im Umkehrschluss das die Ägypter nicht so aussahen und nicht schwarz waren. Das sollte jedes Kind verstehen…Halt die Museumsleitung in Leiden nicht.

  2. Gut gebrüllt, ägyptischer Löwe!
    Welchem Leiden die Leidener ausgesetzt sind, so daß sie Soul, Rap und Funk als von Künstler erzeugt bezeichnen, wäre mal interessant zu erfahren.

  3. Dazu sehr passend:
    In Sakkara gibt es das Grab des Horemhab, mit sehr schönen Reliefs (teils nur Kopien, die Originale sind in Leiden) die meist als Thema die Inventarisierung (Zählung) der Nubischen Gefangenen eines Feldzugs zeigen, die sind da aufgereiht und angekettet und werden von ägyptischen Aufsehern (die nicht wie Nubier aussehen) mit Schlagstöcken in Schach gehalten…..Ob diese Bilder auch im Themenschwerpunkt der Ausstellung waren muss man wahrscheinlich bezweifeln 🙂

  4. Ähnlich unmißverständlich muß nun denen die Grenze gezeigt werden, die den Monostatos und Othello mit Weißen besetzen.

  5. Othello wird seit Jahrzehnten in Deutschland nicht mehr mit „Weißen“ besetzt. Ich halte diese grüne Hetze ähnlich der peinlichen Stellungnahme des Museum. Gequirlt und gegendert, aber kein Einsehen!

  6. Die stupide afrozentrische Welle ist ein Stop Schild gezeigt? Le lion égyptien à rugit et enfin mordu..

  7. Ich halte diese Überreaktion der ägyptischen Verwaltung für falsch. Man gibt doch nicht so ohne weiteres eine seit 50 Jahren einwandfrei bestehende Grabungskoalition auf, nur weil es zu eklatant verständlichen Unstimmigkeiten gekommen ist.
    Natürlich ist der grechte Zorn der Ägypter absolut nachzuvollziehen, aber es sollte im Namen der Wissenschaft eine Lösung gefunden werden, die das Problem löst, damit auch zukünftig wieder spektakuläre gemeinsame Funde allen Menschen präsentiert werden können.

  8. Persönlich denke ich, das die Lizenz wieder gegeben wird, aber hier erstmal ein deutlicher Denkzettel gegeben werden wollte. Angesichts des bekannten, nicht zu Unrecht.

    Ich hätte aber auch mehr Fingerspitzengefühl erwartet. Man hätte ja vorher einfach mal fragen können ob es ein Problem ist, im Rahmen der Kunst. Sind ja keine Neulinge.

  9. Die Ausgrabungen des Museums Leien sollten in Nubien fortgesetzt werden.Da gab es später schwarzhäutige Pharaonen .So ein Fehler ist mir unverständlich.

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