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Zufallsfund in Hatnub könnte das Rätsel um den Transport tonnenschwerer Steinblöcke lösen

Forscher, die in Hatnub, etwa 18 km südöstlich von Amarna, die Felseninschriften in einem antiken Alabaster-Steinbruch untersuchen, haben in dieser Saison ungewollt und zufällig eine bisher unbekannte Rampenkonstruktion entdeckt, die helfen könnte zu erklären, wie die alten Ägypter wohl die tonnenschweren Steinquader beim Pyramidenbau transportieren konnten. Bei Reinigungsarbeiten fanden die Wissenschaftler neben einer Rampe, auf der die Blöcke aus dem tiefer gelegenen Steinbruch in die Höhe gezogen wurden, Treppenstufen mit einem komplexen System von Löchern darin. Diese erstmals so entdeckte Treppen-Rampen-Konstruktion stammt mindestens aus der Zeit von Pharao Cheops und könnte daher durchaus auch beim Bau seiner großen Pyramide so angewendet worden sein.

Das Gemeinschaftsprojekt der Universität Liverpool und des in Kairo beheimateten Institut Français d’Archéologie Orientale (IFAO) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die alten Inschriften in Hatnub aufzuzeichnen, die über die Expeditionen Aufschluss geben, mit denen schon im alten Reich Alabasterblöcke aus Mittelägypten in den Norden, z.B. nach Gizeh, Sakkara oder Abusir, geschafft wurden. Sämtliche Inschriften sollen epigrafisch, fotografisch und topografisch festgehalten und ausgewertet werden.

Bereits seit 6 Jahren widmen sich die Forscher dieser Aufgabe. Zunächst hatte man nur die ca. 50 bereits bekannten Inschriften identifiziert und erfasst. Inzwischen haben die Wissenschaftler aber noch weitere ca. 100 Inschriften gefunden, 18 davon auf der Südwand von „Grube P“, wie dieser Teil des Steinbruchs genannt wird.

Steinbruch in Hatnub. Foto: Th. Sagory, IFAO

In dieser Saison kam nun die eher zufällige Entdeckung dazu, dass neben der zentralen Rampe, auf der die Blöcke aus der Steinbruchgrube an die Oberfläche gezogen wurden, beidseitig Treppenstufen liegen, teilte Dr. Yannis Gourdon vom IFAO, einer der beiden Leiter des Forschungsprojekts, mit. Und diese Stufen haben Löcher, in die anscheinend Pfähle oder Pfosten gesteckt werden konnten. Die Wissenschaftler hoffen, durch diese Entdeckung herausfinden zu können, wie der Transport der Quader hier – und evtl. damit auch an den großen Pyramiden – stattgefunden haben könnte.

Ein 3,50 m tiefer Testschnitt zeigt jedenfalls, dass die Treppenstufen mit dem komplexen Lochmuster für die Pfähle bis unter eine Inschrift aus der Zeit des Cheops reichen, sagt Dr. Roland Enmarch, der andere Projektleiter von der Universität Liverpool. Also wurden auch schon zu Cheops‘ Zeiten mit dieser Methode die Steinblöcke bewegt. Wie das nun ganz genau funktionierte, müssen die Wissenschaftler allerdings erst noch herausfinden. Vermutlich lagen die Steinblöcke auf einem Schlitten, meint Gourdon, von dem aus Seile zu den in den Treppenstufen steckenden Pfählen gespannt waren. Vielleicht hatte man die Pfosten zur Umlenkung des Kraftzuges genutzt, ähnlich wie bei einem Flaschenzug. Die Neigung der Rampe zeige jedenfalls, dass die Arbeiter damit Steigungen von bis zu 20% überwinden konnten. Mostafa Waziry, Generalsekretär des Obersten Rates für Altertümer, hält dies jedenfalls schon jetzt für eine bedeutsame Entdeckung, die unser Verständnis davon, wie die großen Pyramiden gebaut wurden, verändern werde.

Bild: B. Touchard, IFAO

Die Treppenstufen neben der Rampe wurden eher zufällig gefunden, als man den abfallenden Weg in den Steinbruch von Schutt und Geröll befreite, um dort nach weiteren Inschriften zu suchen. Zu ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Finden und Dokumentieren der Inschriften, schreibt Roland Enmarch im Archäologie-Blog der Liverpooler Uni, dass die meisten dieser Inschriften mit rot pigmentierter Farbe geschrieben wurden. Diese Farbe ist leider in den Jahrtausenden stark verblichen. Zusammen mit den Unebenheiten des Untergrunds und der altersbedingten Patina sind viele mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen. Dank neuester Bildbearbeitungstechnik, mit der die Bilder digital koloriert werden können, konnten nun aber nicht nur bisher unleserliche Stellen bekannter Inschriften entziffert werden, die Forscher konnten auch viele weitere Texte finden, so dass es nun über 100 „neue“ Bilder und Inschriften sind, die allein im Steinbruch „P“ gefunden wurden.

Die Steinbrüche von Hatnub (Hut-nebu = Haus des Goldes) waren 1891 von Percy Newberry und Howard Carter entdeckt worden. Sie erlangten schnell einige Bekanntheit unter Ägyptologen, weil dort etwa 50 Inschriften aus dem Alten und Mittleren Reich gefunden wurden, die viele Informationen über die Arbeiter und die Arbeit insgesamt in diesen Steinbrüchen enthielten. 1907 untersuchte der deutsche Ägyptologe Georg Möller die Inschriften und publizierte sie 1928 dann zusammen mit seinem Kollegen Rudolf Anthes, der fünf Jahre zuvor mit einer Doktorarbeit über »Die Zeit des Gaufürsten Neheri nach den Graffiti im Alabasterbruch von Hatnub in Mittelägypten« promoviert hatte.

1 Gedanke zu „Zufallsfund in Hatnub könnte das Rätsel um den Transport tonnenschwerer Steinblöcke lösen“

  1. Hallo, es ist auch möglich, dass man die Pfostenlöcher für Hebelpfosten benutzt hatte. So konnte man unten am Bauschlitten an den Kufen Hebel ansetzen und die Bauschlitten mithilfe von Hebelkraft bewegen. Ich arbeite gerade auch an einer Beschreibung des Pyramidenbaues, wie man die tonnenschweren Bausteine auf die Bauschlitten auf- und abgeladen hatte, etc. Da die Bausteine
    relativ grob gebrochen worden waren, musste Sand als Fugenfüller benutzt werden, damit sich die Last möglichst vollflächig verteilen konnte, da sonst Bausteine hätten brechen können, etc. Es ist eben nur theoretisch möglich, eine Pyramide aus perfekten Bausteinen zu bauen. Die Bausteine wurden daher wohl in ein nivelierendes Sandbett über Verzahnungssteine gesetzt. Eine relativ einfache aber wirkungsvolle Technik, die sozusagen bis heute gehalten hat. Ich bin, was die Bautechnik anbelangt, schon ziemlich weit fortgeschritten. 🙂

    MfG Götz Kiesling

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