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Das Who-is-who der Mumien: Die Amarna-Prinzessin „Baqt“

Im Jahr 1871 wurde in den thebanischen Bergen eine Cachette mit mehr als 50 Mumien gefunden. Könige und Königinnen und weitere Mitglieder der Königsfamilie, sowie hohe Beamte und Priester der 17. – 20. Dynastie wurden hier von Priestern der 3. Zwischenzeit erneut bestattet. In der Cachette von Deir el-Bahari (DB 320) lag neben so illustren Mumien wie denen von Ramses II. und Thutmosis III. auch eine weibliche Mumie, die von den Priestern in einen neuen Sarg gebettet wurde, den sie mit dem Namen „Baqt“ beschrifteten. Forscher nahmen diese Mumie nun genauer unter die Lupe.

Die Flinders Universität (Adelaide, Australien) und das FAPAB Research Center (Avola, Sizilien) untersuchten diese Mumie nicht vor Ort, sondern anhand veröffentlichter Daten und rekonstruierten ihr Erscheinungsbild mit Hilfe modernster forensischer Software.

Grafton E. Smith, der die Mumie am 27. Juni 1909 autopsierte, beschreibt die Mumie mit einem kleinen, ovalen Gesicht, mäßig hervorstehender Nase und horizontal liegenden Augen; Der Unterkiefer hat nicht-ägyptische Merkmale, wie sie in Unterägypten seit der Zeit des Alten Reiches üblich waren und ziemlich häufig auch bei den Mumien der oberägyptischen Aristokratie zu sehen sind. Der Schädel hat eine große, breite, flache und ovale Form. Die Mumifizierungstechnik ist typisch für die späte 18. Dynastie.

Gelb: weiblicher Standardschädel. „Baqt“ hat einen länglicheren Kopf (wie er auch bei anderen Mumien der Amarna-Familie vorkommt) und eine ungewöhnliche Form des Unterkiefers.
Originalphoto G. E. Smith 1912 The Royal Mummies

„Baqt“ war zum Todeszeitpunkt zwischen 19-23 Jahre alt und ist ca. 163cm groß gewesen. Nach der forensischen Gesichtsrekonstruktion ist „Baqt“ morphologisch betrachtet nahe an Königin Mutnedjmet (die Ehefrau des Generals und späteren Pharaos Haremhabs) und der Königin Teje, deren Mumie allgemein als die „Ältere Dame“ aus KV 35 angesehen wird. Die Überreste von Königin Mutnedjmet wurden von Geoffrey T. Martin in Saqqara gefunden, sind aber leider verloren gegangen.

Die „Jüngere Dame“ aus KV35, die genetisch gesehen die Mutter von Tutanchamun ist und von einigen Forschern als die Mumie der Nofretete angesehen wird, hat weniger Ähnlichkeit mit „Baqt“.

Die Forscher vermuten, dass die Mumie der „Baqt“ eine der Töchter von Pharao Amenhotep III und der Königin Teje ist. Oder sie ist eine der Töchter von Echnaton und Nofretete, die ein frühes Erwachsenenalter erreicht haben. Aufgrund ihres anthropologisch bestimmten Todesalters sind die jüngeren Töchter von Echnaton ausgeschlossen, da sie schon sehr früh als Kinder oder Jugendliche starben. Da die Mumie zusammen mit Königen des Neuen Reiches bestattet wurde, kommen nach Meinung der Forscher insbesondere folgende Töchter in Betracht:

  • Die mysteriöse Baketaton, die auf Bildern der Amarna-Zeit oft zusammen mit Königin Teje zu sehen ist. Die als „Tochter des Königs“ bezeichnete Prinzessin könnte die jüngste Tochter Tejes sein, ob ihr Vater Amenhotep III. oder sogar Echnaton ist, kann bisher niemand mit Gewissheit sagen
  • Anchesenamun, die Frau von Tutanchamun, die kurz nach dem Tod von Tutanchamun dessen Nachfolger Eje heiratete und kurz darauf verschwindet. Ihr Grab wurde noch nicht gefunden.
  • Meritaton, die älteste Tochter von Echnaton und Nofretete. Sie wurde im ersten Jahr der Regierungszeit von Echnaton geboren. Nachdem Echnaton 17 Jahren regiert hatte, folgte ein mysteriöser Semenchkare (= Nofretete?), der mit Meritaton als Königin an seiner Seite drei Jahre lang das Land regierte. Kurz nach Semenchkares / Nofretetes Tod verschwand auch Meritaton im Alter von 21 Jahren.

Drei potentielle Kanditatinnen, von denen Baketaton wegen des Namens (Baqt=Baket) erst mal am verlockensten klingt. Leider ist es nicht gesichert, ob der Name zu der Mumie oder zu dem vorherigen Besitzer des Sarkophages gehört bzw. bestehen sogar Zweifel, ob die Mumie überhaupt in diesem Sarg lag. Die morphologische Nähe zu den Frauen der Amarna-Zeit und die Mumifizierungstechnik, die in die späte 18. Dynastie zugeordnet werden kann (siehe auch untere Kommentare) sowie der Fund in einer Königscachette sprechen aber für eine Prinzessin aus dieser Zeit.

Die Forscher dieser Studie hoffen (genau wie wir), dass bei einer erneuten DNA-Untersuchung der königlichen Mumien, die im März letzten Jahres von Zahi Hawass angekündigt wurde, die Mumie der „Baqt“ mit einbezogen wird.

Aktualisiert am 24.09.2020

5 Gedanken zu „Das Who-is-who der Mumien: Die Amarna-Prinzessin „Baqt““

  1. Hallo, vielen Dank für die interessanten Nachrichten.
    Haben die Wissenschaftler auch die Tochter Baketamun von Thutmoses III in Betracht gezogen ?
    Die Zeit wie auch die Schädelform ließen die Möglichkeit zu.
    Liebe Grüße, Astrid

  2. Sehr interessanter Vorschlag von Astrid. Ich habe mich nämlich auch schon gefragt, weshalb Baketaton nicht zusammen mit ihren Eltern und (mutmaßlichen) Geschwistern in KV35 wiederbestattet werden sollte. Außerdem dürfte Baketaton das erforderliche Alter kaum erreicht haben. Ihre Darstellungen weisen sie als Kind bzw. vorpubertäres Mädchen aus, und wie wir wissen, starb sie bereits um das Jahr 14 herum und wurde, wie Königin Teje auch, im Königsgrab zu Amarna bestattet. Interessant wäre auch zu wissen, ob die Schreibweise ihres Namens mit derjenigen von „Baqt“ übereinstimmt. Wenn nicht, könnte es sich um einen völlig anderen Namen handeln.

  3. Wir haben zu der These: Baqt = Tochter von Thutmosis III.? mal Michael Habicht, einen der Autoren der Studie befragt. Hier seine Antwort:

    „Die spekulative Annahme, es könnte sich um Baketaton handeln basiert auf der mumifizierungstechnischen Datierung in die späte 18. Dynastie und die morphologische Ähnlichkeit mit Teje und Mutnedjmet.

    Es gibt keinen schriftlichen Hinweis auf den Namen (daher ist wegen des Alters auch Meritaton oder Anchesenamun möglich)

    Die Idee mit Thutmosis III ist charmant, entbehrt aber jeglichen Beweises (dies wäre mittlere 18. Dynastie, das fehlen von morphologischen Vergleichsdaten und wie gesagt, die Namensidentifikation beruht auf den obigen Überlegungen)
    Thutmosis III hat einen Langschädel, doch methodisch ist es unzulässig Männer und Frauen direkt zu vergleichen in der Euklidischen Statistik (Daher ist auch die Unbekannte Dame D zwar morphologisch mit den Ramessiden zu vergleichen, ein direkter Messvergleich aber nur eingeschränkt zu vertreten)

    Baketamun & Thutmosis III so nicht zu vertreten.“

  4. Der Name Baqt ist ein Stellvertreter-Name, da uns kein Name rapportiert wurde von den Priestern, welche die Mumie in der 3. Zwischnezeit reparierten. Der Name Baqt stammt vom einstigen Besitzer des Holzsarges, welcher dann sekundär für die junge Frau benutzt wurde.
    Die Identifikation als Baketaton oder Meritaton oder Anchesenamun beruht einzig auf der Datierung in die späte 18. Dynastie und die morphologische Ähnlichkeit mit Königin Teje und Königin Mutnedjmet, was sie in das Familiencluster von Amarna setzt. Alles was darüber hinausgeht ist (noch) spekuativ und muss genetisch weiter untermauert werden.

  5. Herzlichen Dank an alle für diese zusätzlichen interessanten Beiträge !
    Ich bin gespannt auf weitere wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema, welches mich nicht mehr loslässt.

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