Eine deutsch-ägyptische Mission hat an den Wänden und Decken des Esna-Tempels neue Reliefs und Inschriften entdeckt. Bei den neuen Entdeckungen handelt es sich um astro-theologische Szenen, darunter Götter und Göttinnen, die Himmelskörper und einen Tierkreis zeigen.
Die neuen Reliefs sind während Restaurierungsarbeiten, die vom amerikanischen Forschungszentrum in Kairo und der Ancient Egypt Foundation finanziert werden, zum Vorschein gekommen. Die Reliefs waren unter einer dicken Schicht von Ruß und Schmutz, der sich innerhalb der letzten 2000 Jahre an Decken und Wänden des Esna-Tempels ablagerte, versteckt.
Eine der neu entdeckten Szenen zeigt den Sonenngott Chnum-Re mit vier Widderköpfen, eine andere die Göttin Sothis zu Beginn der Nilüberschwemmung.
Christian Leitz, der Leiter der Mission von deutscher Seite, erklärte, dass das Hauptthema des letztgenannten Reliefs Orion und Sothis ist. Das Sternbild Orion, dessen hellster Stern Rigel genannt wird, wurde im alten Ägypten mit dem Gott Osiris gleichgesetzt.
Sothis wiederum ist der griechische Name der altägyptischen Göttin Sopdet, die eng verbunden mit der Göttin Isis ist. Sie verkörpert den Stern Sirius, den hellsten Stern am Himmel, dessen Wiedererscheinen nach 70 Tagen die Überschwemmung des Nils Mitte Juli einläutet. Die alten Ägypter feierten an diesem Tag ihr Neujahrsfest, so Leitz.
Hisham El-Leithy, der Leiter der Mission von ägyptischer Seite ergänzte, dass auch ein Tierkreiszeichen an der Decke des Säulensaals zum Vorschein kam. Es enthält alle zwölf Tierkreiszeichen, die Planeten Jupiter, Saturn und Mars, sowie Darstellungen der sogenannten sieben Pfeile und Sternbilder, die von den alten Ägyptern zur Zeitmessung verwendet wurden.
Über dem Eingang des Tempels befindet sich ein Relief, das 46 in zwei Reihen abgebildete Geier zeigt, von denen einige die Köpfe der oberägyptischen Göttin Nechbet und andere den Kopf der unterägyptischen Göttin Wadjet tragen.
Mostafa Waziri, Generalsekretär des Obersten Rates für Altertümer, erklärte, dass diese Reliefs das erste Mal zu sehen sind. Der französische Ägyptologe Serge Soniron, der die Reliefs des Tempels 1963 und 1975 dokumentierte, hatte sie weder gesehen noch erwähnt.
Während die Reliefs nun weiter untersucht werden sollen, können die Besucher des Tempels von Esna die neuen Szenen jetzt schon bestaunen.