In Zusammenarbeit mit dem Britischen Museum haben französische Wissenschaftler Überreste von Skeletten und Waffen untersucht, die bereits in den 60er Jahren auf einem Friedhof im heutigen nördlichen Sudan gefunden wurden. Schon damals vermutete man, dass die Vielzahl der Knochenverletzungen und der Pfeilspitzen auf diesem Friedhof auf einen lang anhaltenden Konflikt hindeuten müssten. Moderne Technik macht es nun möglich, darüber hinaus auch Aussagen über ethnische Herkunft, Ernährung und Klimawandel zu machen.
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59 Leichname
Als man in den 60er Jahren alle Stellen, die nach dem Bau des Assuan-Staudamms überflutet würden, nach Erhaltenswertem durchsuchte, fand man nahe der Nordgrenze des Sudan eine Stätte, die als Friedhof 117 (cemetery 117) bekannt wurde. Sie besteht aus drei kleineren Friedhöfen, von denen zwei den Namen Jebel Sahaba erhielten, der dritte wird Tushka genannt. 59 Leichname, die an dieser Stelle vor ca. 13.000 Jahren begraben wurden, fand ein Team um den amerikanischen Archäologen Fred Wendorf dort im Jahre 1964. Die meisten von ihnen starben eines gewaltsamen Todes, sie wurden vermutlich von feindlichen Bogenschützen niedergestreckt.
Wer waren die verfeindeten Gruppen?
Nachdem die Artefakte im Jahr 2002 dem Britischen Museum übergeben worden waren, stellten verschiedene Universitäten neue Forschungen mit modernsten Methoden an. Untersuchungen auf Rassenmerkmale deuten dabei darauf hin, dass die Toten die Vorfahren der modernen Schwarzafrikaner waren. Die Bestimmung der anderen Gruppe fällt nicht so leicht: Es waren vermutlich hellhäutigere Menschen aus Nordafrika, der Levante oder Südeuropa, die in Mittelmeernähe lebten. Ihre Spuren finden sich sogar bis 200 km südlich von Jebel Sahaba, so dass es anscheinend einmal ein großes Gebiet gegeben haben muss, in dem mindestens diese beiden, wenn nicht noch mehr, Volksgruppen gleichzeitig lebten.
Klimaveränderungen
Aufgrund von Klimaveränderungen zu dieser Zeit könnte es zu einem Wettstreit um Nahrung und Wasser gekommen sein, vermuten die Wissenschaftler. Auf eine Zeit warm-feuchter Bedingungen, die eine breite Besiedelung Afrikas ermöglichte, folgte eine viel kühlere und trockenere Periode, die man Jüngere Dryaszeit nennt. In dieser Zeit war Leben wohl nur noch direkt am Nil möglich. Dort konkurrierten vermutlich die Neuankömmlinge mit den bereits Sesshaften um die wenigen Ressourcen. Ethnische Kämpfe wären unausweichlich gewesen.
Über die Ausstellung
Zwei der 59 Skelette werden nun im Britischen Museum in einer neugestalteten, frühägyptischen Galerie ausgestellt. In den Knochen und um sie herum fand man 19 Fragmente von Waffen – eines steckt noch in einem der Beckenknochen. Ebenfalls zu sehen sind Pfeilspitzen aus Feuerstein und ein Unterarmknochen mit einem geheilten Bruch, den sich sein Besitzer vermutlich bei einer Abwehrbewegung im Kampf zugezogen hatte. Viele weitere Stücke runden die neue „Early Egypt Gallery“ in Raum 64 ab, wie eine Veröffentlichung im Blog des Museums zeigt.