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Prägten die alten Ägypter das Wesen unserer Katzen?

Viele werden die Antwort auf die Frage wahrscheinlich erst einmal mit ja beantworten. Galt doch Ägypten viele Jahre lang als das Land, wo unsere Schmusetiger den ersten Kontakt mit Menschen hatten. Nirgendswo sonst sieht man eine so intensive Beziehung zwischen Mensch und Katze wie im Land am Nil, wo wir Katzen auf zahlreichen Grabwänden, Statuen und Amuletten sehen und sie sogar als Göttin Bastet verehrt wurde. Schon um das Jahr 1950 v. Chr.  finden wir die erste Abbildung einer Katze: Mit starrem Blick auf eine sich nähernde Ratte ist sie in dem Grab des Gouverneurs Bakhet III. in Beni Hassan verewigt.

Doch die Sicht der Dinge änderte sich im Jahr 2004 als Archäologen auf ein Grab auf Zypern stießen. Hier lag ein Mensch zusammen mit einer Katze, die beide um 9500 v. Chr. bestattet wurden. Der Schluss, den die Forscher daraufhin zogen: Katzen lebten schon mit Menschen zusammen noch bevor das pharaonische Ägypten begann. Eroberten die Katzen also gar nicht von Ägypten aus die Welt?

Zumindest in der Forschung fristeten die alten Ägypter, was die Domestizierung der Katzen betrifft, seit dem Zypern-Fund ein eher stiefmütterliches Dasein. Es war der Archäozoologe Wim Van Neer von dem Königlichen Belgischen Institut der Wissenschaften in Brüssel, der das nicht so einfach stehen lassen wollte.

Also sammelte er hunderte von Katzenknochen, Zähnen und Mumien aus ganz Afrika, Europa und dem Mittleren Osten. Mit den Überresten von 200 Katzen aus den Jahren 7000 v. Chr. bis in das 19. Jahrhundert n. Chr. hinein versuchte er zusammen mit zwei Dutzend Wissenschaftlern an die mitochondriale DNA zu kommen, die nur von der Mutter an ihre Nachkommen weitergegeben wird.

Katzen, um die sich Menschen vor 6000 Jahren gekümmert hatten

Doch erst einmal kurz einen Blick zurück: Alles begann in Hierakonpolis. Im Jahr 2008 fand Wim Van Neer die Überreste von sechs Katzen. Eine männliche, eine weibliche und vier Kitten, um die sich anscheinend vor 6000 Jahren Menschen gekümmert hatten (wir berichteten). Obwohl die Katzen jünger waren als die 9500 Jahre alte Katze aus Zypern, fragte sich Wim Van Neer, ob die frühen Ägypter die Katzen vielleicht doch domestiziert haben könnten.

Die Katzen aus der heutigen Türkei

Die domestizierten Katze  vom Typ A stammt höchstwahrscheinlich von einer Wildkatze aus der heutigen Türkei ab, wie schon im Jahr 2007 ein anderes Forscherteam anhand von DNA-Analysen herausfand. Bei der Felis silvestris lybica handelt es sich um eine kleine, sandfarben-getigerte Katze, die ungefähr vor 9000 Jahren das erste Mal auftaucht. Übrigens in einer Region, die nur einige Dutzend km Luftlinie von Zypern entfernt ist. Vermutlich kam sie in frühe Bauernsiedlungen um ihren Hunger mit Nagetieren zu stillen – sie domestizierten sich also quasi selbst. Vor ca. 6500 Jahren erschien diese Typ A Katze dann im südöstlichen Europa, vielleicht den eingewanderten Bauern folgend. Danach eroberten die Katzen den Rest von Europa, Afrika und Asien.

Die Katzen der alten Ägypter

Jedoch haben die meisten der ägyptischen Katzenmumien einen anderen Untertyp, Typ C, der zuerst in Proben von Katzen um 800 v. Chr. gefunden wurde (vielleicht lebte diese Typ C Katze aber schon vorher in Ägypten, leider konnte das Forscherteam um van Meer keine verwertbare DNA von älteren Katzen herausfiltern). Katzen mit dieser genetischen Struktur scheinen sehr beliebt gewesen zu sein. Im 5. Jh. n. Chr. verbreiteten sie sich in Europa und dem mediterranen Raum und kommen im 1. Jahrtausend n. Chr. in der westlichen Türkei sogar im Verhältnis 2:1 häufiger vor als die Typ A Katze.

Vielleicht waren es die Ägypter, die diese Typ C Katze domestiziert und so populär gemacht haben. Carlos Driscoll von der „World Wildlife Fund chair in conservation genetics at the Wildlife Institute of India“ in Dehradun, der die 2007er Studie leitete, vermutet, dass die Ägypter schon Katzen züchteten. Wenn dies einer schaffen konnte, dann die Ägypter, die z.B. auch Rinder ausselektiert und gezüchtet haben. Sie könnten durchaus schon Katzen gekreuzt haben, die besonders sozial waren. So könnten sie den Zähmungssprozess beschleunigt haben, wie Driscoll der Sciencemag sagte. Die alten Ägypter könnten also durchaus das Wesen unserer heutigen Katzen geprägt und zu ihrer Popularität beigetragen haben.

Das Aussehen der Katze hat sich viele Jahrtausende lang nicht geändert

Auch die Fellfarbe der Katzen, die sich viele Jahrtausende lang nicht veränderte, spricht für eine andere Priorität als die heutige Züchtung der Fellnasen. Eine genetische Untersuchung der Fellfarbe belegte, dass das gestreifte sandfarbene Fell, das ursprünglich von der Wildkatze stammt, sich bis in das 13. Jh. hinein nicht veränderte. Erst im 14. Jh. n. Chr. erscheint eine Katze mit fleckigem Fell auf der Bildfläche. Bei Hunden und Pferden wiederum hat sich die Fellfarbe anhand von Züchtungen viel früher geändert. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Menschen bei der Züchtung mehr Wert darauf legten, wie sich Katzen verhielten und nicht wie sie aussahen. Das Zusammenleben mit dem Menschen könnte viel wichtiger als das Aussehen gewesen sein.

Vom Mäusejäger zum Schmusetiger

In Ägypten könnten auch die Abbildungen von Katzen in den Gräbern den Domestizierungsprozess darstellen. Während die frühen Darstellungen die Katzen als arbeitendes Nutztier zeigten, wie der Rattenjäger in dem bereits erwähnten Grab, wird die Katze im Laufe der Jahrhunderte in einem immer häuslicheren Zusammenhang gezeigt. Zusammen mit Menschen auf der Vogeljagd, Halsbänder tragend und ab 1500 v. Chr. unter den Stühlen der Noblen am Speisetisch.

Woher stammt die Katze vom Typ C?

Doch während wahrscheinlich ist, dass die Typ A Katze ihren Ursprung in der heutigen Türkei hat, ist die Herkunft der Typ C Katze noch völlig unklar. Vielleicht trugen die ägyptischen Wildkatzen diese genetische Signatur und die alten Ägypter waren die ersten, die diese Katzenart domestizierten.

Driscoll ist skeptisch. Viele Pflanzen und Tiere kamen ursprünglich aus der Türkei und dem restlichen Nahen Osten nach Ägypten. Bisher gibt es keine Belege dafür, dass die alten Ägypter die Katzen domestizierten. Vielleicht ist es wahrscheinlicher, dass die sanftmütigeren Typ A Katzen von der Türkei nach Ägypten kamen und sich mit den Wildkatzen von Typ C kreuzten.

Unsere heutigen Katzen stammen vermutlich alle von diesen Typ A und Typ C Katzen ab und vielleicht waren es die Ägpyter, die den Katzen durch gezielte Züchtung unseren heutigen Hauskatzen ihr Wesen gaben. Aber ob die alten Ägypter es waren, die die Wildkatzen des Typs C unabhängig domestizierten, möchte Wim van Meer weiterhin wissen. In Wien soll die Untersuchung von mehreren Katzenmumien neue Erkenntnisse bringen.

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