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Restaurationsarbeiten an der Mykerinos-Pyramide lösen heftige Debatten aus

Bei der kleinsten der Pyramiden von Gizeh, die Mykerinos-Pyramide, sind umfangreiche Restaurationsarbeiten im Gange. Die Außenverkleidung der Pyramide soll wieder hergestellt werden – ein Vorhaben, dass nicht überall auf Gegenliebe stößt.

Die Experten, bestehend aus einem Team von japanischen und ägyptischen Archäologen und Restauratoren, wollen die Verkleidung aus Granitblöcken rekonstruieren, die derzeit um das Bauwerk herum verstreut sind. Die Blöcke sind vermutlich durch ein Erdbeben, das vor mehreren hundert Jahren die Region erschütterte, von der Außenhülle der Pyramide heruntergefallen.

Als „Projekt des Jahrhunderts“ bezeichnet der Generalsekretär des ägyptischen Obersten Rates für Altertümer Mostafa Waziri das Vorhaben. Eine Aussage, die von vielen nicht geteilt wird.

Die Ägyptologin Monica Hanna schrieb, dass „alle internationalen Grundsätze für Restaurieren solche Eingriffe verbieten“. Andere kritisierten das Vorhaben vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise als reine Geldverschwendung. Nach den ersten Presseberichten war es auch schwierig zu beurteilen, wie weitreichend die Restaurierungsarbeiten gehen. So hatten anfangs viele die Befürchtung, dass auch neu abgebaute Granitblöcke für die Verkleidung der Mykerinos-Pyramide genutzt würden.

Es wird schon fleißig gewerkelt. Im Hintergrund sieht man die sechs Reihen Granitblöcke auf der Nordseite der Pyramide, die heute noch vorhanden sind.
Bildquelle: Screenshot Video Dr. Mostafa Waziri / X

Waziri versuchte, die Gemüter in der Talkshow Al Hekaya zu beruhigen. Es soll nur die äußere Hülle der Pyramide aus den ursprünglichen Steinen wiederhergestellt werden, die entweder unter dem Sand oder um die Pyramide herum verstreut liegen.

Außerdem seien nur die Cheops- und die Chephren-Pyramide einst mit weißen Kalkstein-Blöcken komplett verkleidet gewesen. Die Granit-Blöcke der Mykerinos-Pyramide wiederum bedeckte die Pyramide nicht vollständig, sondern reichte bis zu 16 Reihen, was ungefähr die Hälfte der Pyramide entspricht.

Das japanische Team wird als erstes untersuchen, welche Blöcke auf welche Seite der Pyramide passen, so Waziri. Dazu werden moderne Methoden wie Photogrammetrie und Laserscanning genutzt, bevor die Granitblöcke wieder an ihren Platz gehoben und befestigt werden. Diese Untersuchung wird ungefähr ein Jahr in Anspruch nehmen und von der japanischen Seite finanziert werden. Auf die Frage des Moderators, ob sich auch Ägypten an der Finanzierung beteiligen würde, wich Waziri aus.

Das gesamte Projekt wird ungefähr 3 Jahre dauern, schätzt Waziri. „Das Projekt befindet sich noch in der Anfangsphase, in der die Blöcke untersucht, dokumentiert und klassifiziert werden, und die Ergebnisse werden dann einem internationalen Komitee vorgelegt“, sagte Waziry gegenüber CBS News. Bevor die Studie nicht abgeschlossen und das Komittee nicht sein Einverständnis gegeben hat, werden keine Blöcke installiert, so Waziri weiter.

Trotz aller Beruhigungsversuche, reißt die Kritik an dem Projekt nicht ab. Manche wollen kein „Disneyland“ aus dem antiken Erbe machen und kritisieren, dass Denkmäler nicht dafür da sind, um schöne Selfie-Fotos zu machen. Andere kommentierten süffisant, dass sie jetzt nur noch darauf warten, bis der schiefe Turm von Pisa wieder aufgerichtet wird.

Dr. Mohamed Abd El-Maqsoud, ehemaliger Direktor der ägyptischen Altertumsbehörde, befürchtet, dass auch Blöcke verwendet werden, die für die Rampe oder den Totentempel benutzt wurden oder einfach nie Verwendung fanden, weil der König starb und sein Sohn dieses Projekt nie vollendete.

Der Ägyptologe Mansour Breik, der jahrelang für die Aufsichtsbehörde des Gizeh-Plateaus gearbeitet hat, teilt diese Befürchtung in der Ahram Online. Es sei eine große Herausforderung, die richtigen Blöcke zu finden und die Pyramide wieder in ihren Ursprungszustand zu bringen. Weil die Arbeiten nach Mykerinos‘ Tod abgebrochen wurden, haben die alten Ägypter zwar die Steine am Eingang poliert aber viele Steine absichtlich unpoliert und ungeschliffen gelassen, so Breik.

Die Ägyptologin Salima Ikram, Professorin für Ägyptologie an der Amerikanischen Universität in Kairo, hält das Projekt grundsätzlich für vertretbar, es wurden immerhin schon in der Antike viele ägyptische Denkmäler restauriert. Aber die Vorstellungen von Restaurierung und Konservierung ändern sich immer wieder. Was man damals für großartig hielt, wird zehn Jahre später kritisiert. Es sei ein „schmaler Grat“, so Ikram weiter.

Die Arbeiten sind zumindest schon voll im Gange, wie ein Video von Dr. Waziri auf X, belegt.

Wie weit dürfen Restaurationsarbeiten gehen? Ist das wirklich sinnvoll oder reine Geldverschwendung? Wenn Waziri wenigstens noch die „könnte neue Erkenntnisse bringen, wie die Pyramiden erbaut wurden“ – Karte ausspielt hätte, dann hätte der Wiederaufbau der Außenhülle ja wenigstens zum Teil noch Sinn gemacht. Aber einfach nur mit Kränen wieder aufbauen und vielleicht sogar Steine mit dazuzunehmen, die dort eigentlich gar nicht hingehören? Und was das alles kostet?! Also zumindest uns fällt es nicht leicht, Sinn und Nutzen dieses Projektes zu erkennen. Die Granitblöcke hätte man ja auch ohne Wiederaufbau dokumentieren können. Aber das wäre wahrscheinlich nur eine Randnotiz in der Presse gewesen…

Was meint ihr? Schreibt uns doch in den Kommentaren.

Update vom 03.02.2024:

Der Minister für Tourismus und Altertümer, Ahmed Issa, hat auf die Kritik reagiert und ein wissenschaftliches Gremium zur Überprüfung des Projektes eingesetzt.

Unter dem Vorsitz von Zahi Hawass sollen Ingenieure und Archäologen, die sich auf das Fachgebiet Pyramiden spezialisiert haben, über das Projekt beraten. Die Experten kommen aus Ägypten, den Vereinigten Staaten, der Tschechischen Republik und Deutschland.

Das Gremium soll am Ende einen detaillierten, wissenschaftlichen Bericht über Ergebnisse und Prüfverfahren vorlegen, auch in Hinblick auf Vorgaben der UNESCO, die das gesamte Pyramiden-Plateau, einschließlich der Mykerinos-Pyramide, 1979 zum Weltkulturerbe ernannt hat.

Das letzte Wort wird dann der Minister für Tourismus und Altertümer haben, der nach Vorlage des Abschlussberichtes letztendlich entscheiden wird, ob das Projekt fortgesetzt wird.

11 Gedanken zu „Restaurationsarbeiten an der Mykerinos-Pyramide lösen heftige Debatten aus“

  1. Schwierig.

    Wenn es darum geht das Bauwerk (besser) zu erhalten/ vor weiterem Verfall zu schützen & dies der weiteren (Er)Forschung dient fände ich das eine gute Sache, natürlich sind die Kosten dafür sehr hoch, das muss man sicher auch abwägen …

    Aber mit dieser Argumentation müsste man wohl sämtliche Bauwerke dort mit einschließen, und wer kann das finanzieren?

    Sollten tatsächlich noch spannende neue Erkenntnisse bei dem Projekt gemacht werden wäre immerhin das eine tolle Sache …

  2. Ich halte diese Pläne für gut . Es sind viele Steine vorhanden, also ist eine Teilrestauration möglich. Besser sie an ihren Platz zurückbringen ,als sie wie Müll im Sand liegen lassen. Die Bewunderung über die Erbauer wird noch gesteigert. Kosten werden durch Besucher wieder reinkommen.

  3. Ein Rechtschreibfehler im Titeltext:
    Restaurationsarbeiten an der Mykerinos-Pyramide löst heftige Debatten aus.
    Muss heißen:
    Restaurationsarbeiten an der Mykerinos-Pyramide lösen heftige Debatten aus.

    Beste Grüße aus Oberstdorf. Martin Bücker

  4. Lassen wir sie mal beraten ! Bekanntlich dauert so etwas recht lange. Aber was wäre wenn ? In den letzten 5 Jahren, waren wir nun schon mehrmals in Ägypten und oft genug steht die Frage im Raum, wie es wohl ausgesehen hat. Hin und wieder bechleicht einen eine gewisse Ahnung von der Austrahlungskraft den Farben der Tempel und Pyramiden und deren imposannte Erscheinung. Im Endeffekt geht es hier aber wohl mehr um die Erhaltung. Wer einmal auf dem Plateau war wird wissen, das eine gewisse Sorglosigkeit bei den Pyrmiden mit deren Umgang herscht und das nicht nur von den Touristen.

  5. Erkenntnisgewinn wird jedenfalls die Arbeit des japanischen Teams bringen. Tatsächlich jeden Stein in die Hand zu nehmen, zu scannen und seine frühere Position zu bestimmen, wird mindestens virtuell spannende Ergebnisse zeigen.
    Ob danach, und wie restauriert wird? Keine Ahnung. In einem Jahr fließt viel Wasser den Nil herunter …

    p.s.: Danke für den Blog 🙏🏾

    ..Der du den Samen sich entwickeln lässt in den Frauen, der du »Wasser« zu Menschen machst, der du den Sohn am Leben erhältst im Leib seiner Mutter und ihn beruhigst, sodass seine Tränen versiegen Du Amme im Mutterleib! – der du Atem spendest, um alle Geschöpfe am Leben zu erhalten. Kommt (das Kind) aus dem Mutterleib heraus, um zu atmen am Tag seiner Geburt, dann öffnest du seinen Mund vollkommen und sorgst für seine Bedürfnisse..

  6. Mostafa Waziri kennt offensichtlich sein eigenes Pyramidengelände nicht so genau. Denn sonst wüsste er, dass auch die Chefren-Pyramide im unteren Bereich mit Rosengranitquadern verkleidet war. Solange man als Besucher noch frei durch das Areal spazieren darf (das könnte sich mit der neuen Touristenbahn mit festen Stopps rasch ändern), kann man vor allem an der Westseite noch einige der herausgerissenen Blöcke sehen, die dort teils an Ort und Stelle später zu Mahlsteinen für Öl- und Getreidemühlen weiterverarbeitet worden sind. Und sieht man sich diejenigen Pyramiden-Hieroglyphen in den umgebenden Mastabas an, bei denen die Farben noch erhalten sind, dann zeigt sich, dass sie oft zweifarbig ausgefüllt sind: unten mit einem breiten roten „Sockel“ und erst im spitzen Dreieck darüber in Gelb.

  7. Warum muss man jedes Thema zerdiskutieren und das von Leuten, die von der Materie keine Ahnung haben. Wenn man keine Ahnung hat dann einfach mal die Klappe halten.

  8. Ich kann Rainer Lorbeer nur ausdrücklich zustimmen. Man kann nur mit dem Kopf schütteln über manche Kommentare. Zum Thema Mykerinos-Pyramide nur soviel: ein zerstörter oder beschädigter Zustand ist nicht der gewollte Zustand. Wenn also vorhandenes Originalmaterial an den Originalplatz versetzt werden soll, dann ist dies nicht nur gerechtfertigt sondern sogar wünschenswert. Problematisch wird es erst wenn man Lücken mit neuem Material ergänzt.

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