Blog

Grabkapelle eines hohen Beamten aus dem Alten Reich in Sakkara entdeckt

Neben der ältesten Pyramide der Welt, der Stufenpyramide des Djoser in Sakkara, entdeckte eine polnisch-ägyptische Mission eine Grabkapelle, deren Außenwände Bilder und Inschriften des Grabinhabers tragen. Dieser war in der frühen 6. Dynastie (ca. 2300 v.Chr.) ein hoher Beamter. Die Delegation arbeitet im Auftrag des »Polnischen Zentrums für Mediterrane Archäologie« (PCMA), einer Forschungseinrichtung der Universität Warschau.

Der Name des Beamten wurde in bisherigen Artikeln falsch berichtet, sagte uns der Leiter der polnisch-ägyptischen Mission, Prof. Dr. Kamil O. Kuraszkiewicz; die korrekte Schreibweise ist Mehtjetju. Dieser Mehtjetju trug die Titel Eingeweihter in die Geheimnisse der versiegelten, königlichen Dokumente, Gottesdiener der Pyramide des Teti, Aufseher des königlichen Palastes sowie Untervorsteher der Wab-Priester des königlichen Palastes.

Vollständiges Relief des Grabinhabers Mehtjetju an der Außenwand der Kapelle. Foto: Jarosław Dąbrowski / PCMA, Universität Warschau

Der erste Titel gibt den Forschern noch Rätsel auf. Dr. Kuraszkiewicz vermutet, dass es hierbei weniger um die Kategorie der Dokumente, also „geheime Dokumente“, als vielmehr um den Zugang zum Entstehungszeitpunkt geht. Mehtjetju hatte vielleicht Einsicht in alle Dokumente, die in der königlichen Schreibstube verfasst wurden – selbst in solche, die noch gar nicht herausgegeben waren. Aber dies sind aktuell noch Vermutungen, da über die Arbeit in den königlichen Archiven des Alten Reiches nicht viel bekannt ist.

Das Grab liegt am Ostufer des sogenannten „trockenen Grabens“, der rechteckig, ca. 750 x 600 m lang, die Stufenpyramide umgibt. Heute ist dieser Graben mit Schutt und Sand so angefüllt, dass er fast unsichtbar ist. Nur in Luft- oder Satellitenaufnahmen kann man seine Umrisse noch erkennen. Bereits vor drei Jahren hatten wir bei einer anderen Entdeckung desselben Grabungsteams von diesem „trockenen Graben“ berichtet (siehe hier). Dass dieser Graben auch mehrere Jahrhunderte nach dem Bau der Stufenpyramide noch genutzt wurde, zeigt nun diese neue Entdeckung einer Kapelle, deren Eingang in diesem Graben liegt.

Östliche Kante des trockenen Grabens um die Stufenpyramide, Sakkara 2018. Foto: Kamil Kuraszkiewicz / PCMA, Universität Warschau

Die Archäologen vermuten, dass unter der Kapelle ein Grabschacht zum Grab Mehtjetjus führen wird. In dieser Saison haben sie allerdings zunächst nur die Außenseiten der Kapelle freigelegt. Erst in der nächsten Grabungssaison wird man das Innere der Kapelle untersuchen. Schon jetzt könne man aber sagen, dass die Qualität der künstlerischen Arbeiten an dieser Kapelle hoch sei, sagte Missionsleiter Dr. Kuraszkiewicz in einem Interview der »Science in Poland«. Die Reliefs an den Wänden seien von außerordentlicher Qualität und Schönheit. Mehtjetju konnte sich also die besten Handwerker seiner Zeit leisten – vielleicht dieselben, die der Wesir der damaligen Zeit, Merefnebef, für sein Grab verpflichtet hatte. Merefnebefs Grab wurde 1997 ganz in der Nähe entdeckt; es ist eines der wenigen Sakkaragräber, dessen Farben wirklich gut erhalten sind. Dieser Wesir Merefnebef arbeitete am Hofe schon unter Teti, dem ersten Pharao der 6. Dynastie, wurde dann Wesir unter Tetis Nachfolger Userkare und blieb dies bis zu seiner Entlassung unter König Pepi I.
Dr. Kuraszkiewicz schrieb uns, dass er vermutet, dass Mehtjetju zur gleichen Zeit, also ebenfalls während der Regierungen von Teti, Userkare und Pepi I. lebte. Aber mit der Datierung müsse er noch vorsichtig sein, denn gesichert sei aufgrund der Titel bislang nur, dass er nach Tetis Tod noch lebte, da er ja einer der Priester seiner Pyramide war. Ob auch Mehtjetjus Grabkammer wohl so außergewöhnlich schöne Farben enthalten wird? Zumindest an den Reliefs der Außenseite der Kapelle finden sich jedenfalls keine Farben und Dr. Kuraszkiewicz vermutet, dass hier auch nie welche waren.

Vorzeichnung einer Szene im Eingang der Kapelle. Foto: Jarosław Dąbrowski / PCMA, Universität Warschau

Denn die Arbeiten an der Außenseite von Mehtjetjus Kapelle wurden von den antiken Handwerkern nie ganz beendet. So finden sich neben fertigen Reliefs auch einige Szenen, die nur mit schwarzer Farbe vorgezeichnet wurden. Sie stellen Szenen mit Opfertieren, wie Kühen, Oryxantilopen und Steinböcken dar. Diese vorgezeichneten Reliefs wurden aber nicht mehr herausgemeißelt. Der Grund dafür ist noch unbekannt.

Das Felsgestein, auf dem die Dekorationen angebracht sind, ist heute jedenfalls so porös und spröde, dass die polnischen Restauratoren ihr ganzes Können aufwenden mussten, um die Zeichnungen und Reliefs zu erhalten.

Konservatoren arbeiten an der Fassade der Kapelle. Foto: Agnieszka Kowalska / PCMA, Universität Warschau

In der kommenden Grabungssaison werden die Archäologen des PCMA dann das Innere der Grabkapelle freilegen und dabei hoffentlich auch den Grabschacht und die Grabkammer finden. Auch wenn die Außenwände der Kapelle nie fertiggestellt wurden, so vermutet Dr. Kuraszkiewicz doch, dass die Bestattung Mehtjetjus hier sehr wohl stattgefunden haben könnte. Ob die Mumie allerdings dort noch an Ort und Stelle ist, ist angesichts der vielen geplünderten Gäber in Sakkara sehr ungewiss. Das polnisch-ägyptische Team freut sich aber darauf, genau das bald herauszufinden. Und wir werden natürlich darüber berichten! 🙂

Schreibe einen Kommentar

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Zustimmung zur Datenspeicherung lt. DSGVO