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Das Who-is-who der Mumien: Tutanchamun

Im Gegensatz zu allen vorgenannten Mumien dieser Whoiswho-Reihe hat die Mumie von Tutanchamun keine Nummer im Catalogue Général, da sie ja „erst“ im Jahr 1922 gefunden wurde, der Museumskatalog aber aus dem Jahr 1912 stammt. Nach den historischen Quellen war Tutanchamun zwischen 17 und 19 Jahre, als er starb. Die meisten Altersbestimmungen der verschiedenen Forscher in den Studien der vergangenen Jahre bestätigen dieses Todesalter auch. Lediglich James Harris und Edward Wente kamen 1992 bei einer Studie für die Universität von Michigan zu dem Schluss, Tutanchamun sei vermutlich 23-27 Jahre alt geworden.

Tuts Mumie 1925 autopsiert

Tutanchamun als Gott Nefertem auf einer Lotusblüte. Foto: Jon Bodsworth, gemeinfrei
Tutanchamun als Gott Nefertem auf einer Lotusblüte. Foto: Jon Bodsworth, gemeinfrei

Im November 1925 hatte der Engländer Douglas Derry, damals Professor für Anatomie an der Staatlichen Schule für Medizin in Kairo, eine Autopsie der Mumie durchgeführt. Er befand, dass der Kopf eine große Ähnlichkeit zu Echnaton aufweise. Lange vor der Möglichkeit genetischer Vergleiche kam er schon damals zu dem Schluss, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass Echnaton nur Tutanchamuns Stiefvater und nicht blutsverwandt mit ihm war.
Derry maß die Mumie mit 163 cm und errechnete anhand der damals gültigen Formel eine Lebendgröße von vermutlich 167-168 cm. Der Kopf des Oberschenkelknochens war fest mit dem Knochen verwachsen, die Verbindungsfuge jedoch noch sichtbar. Er schätzte das Alter Tuts daher auf 18-20 Jahre.

Tolle Zähne und keine deformierten Wirbel

Die letzte ausführliche Untersuchung der Mumie Tutanchamuns wurde mit modernsten Methoden 2005 von Zahi Hawass und seinem Team unternommen. Dabei wurden auch CT-Aufnahmen des Gebisses ausgewertet. Außer einer leichten Fehlstellung von drei Weisheitszähnen waren Tuts Zähne in einem tadellosen Zustand: keine Anzeichen von Karies, Abszessen oder Abnutzungserscheinungen. Im Gegensatz zu seinen Vorfahren litt Tutanchamun auch nicht an einer größeren Deformierung der Wirbel. Aufgrund der Zahnbefunde und der noch nicht vollständig geschlossenen Epiphysenfuge des rechten Oberschenkels kam auch das Forscherteam um Hawass schließlich zu einer Altersangabe von 18-20 Jahren.

Kritik an Gentests

Howard Carter öffnet einen der Schreine in Tutanchamuns Grab. Foto: Harry Burton, gemeinfrei
Howard Carter öffnet einen der Schreine in Tutanchamuns Grab. Foto: Harry Burton, gemeinfrei

Im Rahmen des Tutanchamun-Familienprojekts stellten Hawass und Kollegen nach Genuntersuchungen auch einen 5-Generationen-Stammbaum auf, der Tutanchamun als Sohn von Mumie CG 61075 (verm. Echnaton) und CG 61072 (Younger Lady) sowie als Enkelsohn von CG 61074 (verm. Amenophis III.) ausweist. Diese Interpretation der DNA-Analysen ist aber umstritten. Zum einen wegen des Alters der Genproben, zum anderen aber auch wegen möglicher „Kontamination“ der Proben (schließlich sind die Mumien ja schon durch „eine Reihe von Händen gegangen“ und im 19. und frühen 20. Jh. trugen bestimmt nicht alle Untersucher Handschuhe und Schutzkleidung).

Verfahren nicht gerichtsfest

Aber noch ein weiterer Kritikpunkt wird angeführt: Im Fall von Tutanchamun untersuchten Hawass und Team insgesamt nur acht STR-Marker (short tandem repeat), das sind festgelegte Orte auf den Genen, an denen bestimmte Varianten, sogenannte Allelen, bei unterschiedlichen Genproben verglichen werden können. In Großbritannien müssten vor Gericht zur Feststellung von Geschwister- oder Elternschaft mindestens 10 STR, in den USA sogar 13 STR untersucht werden. Und an diesen Stellen müssten dann auch noch Übereinstimmungen der Allelen bestehen. Einige der von Hawass und Kollegen vorgeschlagenen Verwandtschaftsverhältnisse (z.B. zwischen Yuya und Amenophis III.) basieren aber auf nur fünf übereinstimmenden Allelen.
Auf dieser Basis wäre auch so mancher Leser dieses Artikel verwandt mit Tutanchamun, fügen die Schweizer Forscher der von uns hier vorgestellten Studie mit einem Augenzwinkern an!

Intaktes Siegel: Tuts Identität dadurch zweifelsfrei

Unversehrtes Siegel des 3. Schreins in Tutanchamuns Grab. Foto: Harry Burton, gemeinfrei
Unversehrtes Siegel des 3. Schreins in Tutanchamuns Grab. Foto: Harry Burton, gemeinfrei

Die Identität von Tutanchamuns Mumie ist die einzige dieser Whoiswho-Studie, die absolut sicher ist. Die Mumie wurde in ihrem Grab in einem verschlossenen Sarkophag gefunden. Von den vier den Sarkophag umgebenden Schreinen trugen der zweite und der dritte Schrein noch die originalen und unversehrten Siegel (siehe Foto). Zwar hatte auch dieses Grab in der Antike Besuch von Grabräubern, diese hatten sich aber anscheinend mit einigen wertvollen Grabbeigaben begnügt und waren nicht durch die vier Schreine und die vier Sarkophage bis zur Mumie vorgedrungen. Insofern kann Tutanchamuns Mumie sogar als einzige königliche Mumie angesehen werden, deren Identität zweifelsfrei feststeht.

Ergebnisse der Studie

Seit März dieses Jahres haben wir in 11 Beiträgen die neueste Studie über verschiedene Königsmumien der 18. Dynastie hier vorgestellt. Viele dieser Mumien sind noch nicht zweifelsfrei identifiziert. Manche Mumie wurde in der Spätzeit des alten Ägypten (etwa 21. Dyn.) umgebettet und von den damaligen Priestern neu eingewickelt und beschriftet – und hierbei könnte es durchaus zu Fehlern gekommen sein. Mit ihrer Studie wollten die Forscher der Universität Zürich die Ergebnisse früherer Untersuchungen aus den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zusammentragen und die bisherigen Identifizierungen überprüfen.

Ihre Ergebnisse bestätigen überwiegend die bisherigen, zum Teil 100 Jahre alten Identifizierungen, die auch vom Team um Zahi Hawass 2010 nach genetischen Auswertungen sehr ähnlich befunden worden waren. Lediglich für zwei Mumien schlagen die Schweizer Forscher nun andere Identifizierungen vor.
Für die Mumie CG 61065, die 1912 im Catalogue Général mit „vermutlich Thutmosis I.“ eingetragen ist, sehen sie die Beweislage als zu dürftig an, und führen sie als „unidentifizierte Königsmumie“. Und für die Mumie CG 61072, die sogenannte „Jüngere Dame aus KV35“, für die auch Hawass 2010 keine Identifizierung vornehmen wollte, obwohl seine Genuntersuchungen ergeben hatten, dass sie die Schwester Echnatons und Mutter Tutanchamuns ist, kommen die Schweizer Forscher nach Berücksichtigung aller vorliegenden Fakten zu dem Schluss, dass es sich hier höchstwahrscheinlich um Nofretete handelt.

Wir freuen uns, dass wir durch diese Studie viele Fakten und Theorien zu den einzelnen Mumien auflisten und weitergeben konnten. Wir bedanken uns bei den Autoren der Studie: Abigail Bouwman, Frank Rühli und vor allem bei Michael Habicht, an den wir uns auch mit Fragen wenden konnten.

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