Kurz vor Abschluss ihrer mehrjährigen Arbeit zur Konservierung der Wandmalereien im Grab des Tutanchamun geben Experten des kalifornischen Getty Conservation Institutes in einer Pressemitteilung eine gute Nachricht bekannt. Die sichtbaren Schäden – und vor allem die unschönen braunen Flecken auf den Wänden – sind nicht durch die hohen Touristenzahlen verursacht worden und werden sich auch durch zukünftige Besucher nicht weiter verschlechtern.
Bereits im Jahr 2009 hatte das Antikenministerium das Getty Conservation Institute, das in den 1980er Jahren schon im Grab der Nefertari gearbeitet hatte, gebeten, sich um die Konservierung des Grabes von Tutanchamun zu kümmern. In Tuts Grab zog man neben einem Ägyptologen auch Umweltingenieure für das Mikroklima, Mikrobiologen für die braunen Flecken, Dokumentationsspezialisten, Architekten und Designer für die Erarbeitung einer besseren Infrastruktur im Grab und Konservierungsspezialisten zur Untersuchung der Originalmaterialien und Erhaltung der Wandmalereien.
Feuchtigkeit, Kohlendioxid und Staub
Natürlich stellen viele Besucher eine Herausforderung dar, sagt Neville Agnew, der Leiter des Projekts. Die erhöhte Luftfeuchtigkeit begünstigt das Wachstum von Mikroorganismen und beansprucht die kalkhaltigen Farben, die Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben; das ausgeatmete Kohlendioxid schafft zusätzlich eine auch für die Besucher unangenehme Atmosphäre. Noch schwerer wiegen aber die direkten Schäden, die durch Besucher bereits verursacht wurden. So finden sich an den Stellen, die für Touristen, aber auch für Filmcrews, zugänglich sind, bereits Schrammen und Abschleifungen.
Aber auch der Staub, der durch die Besucher unbeabsichtigt auf den Schuhen und der Kleidung in das Grab getragen wird, ist ein Problem: Er setzt sich überall ab, überlagert die Farben der Malereien und muss durch mechanische Reinigung wieder entfernt werden, was ein zusätzlicher Stressfaktor für die Wandgemälde ist.
Braune Flecken schon immer da
Letztlich ist das Ergebnis der Getty-Untersuchung aber ein positives: Zuallererst bedeuten die braunen Flecken, die überall auf den Grabwänden zu sehen sind, keine aktuelle Gefahr, wie zunächst befürchtet. Zwar enthalten diese Flecken tatsächlich Pilzkulturen, diese sind aber abgestorben und nicht mehr aktiv, wie man mit mikroskopischen, chemischen und DNA-Untersuchungen beweisen konnte.
Diese Schimmelpilze waren bei der Entdeckung des Grabs durch Howard Carter auch schon vorhanden, wie Fotos aus den 20er Jahren beweisen. Durch peniblen Vergleich alter und neuer Bilder kann man sogar beweisen, dass es keine Ausbreitung der braunen Flecken während der letzten knapp 100 Jahre gab. Das bedeutet, dass es eben nicht die teils recht hohen Besucherzahlen und die früher schlechte Belüftung des Grabes waren, die zu diesen Flecken geführt oder ihre Ausbreitung befördert haben.
Leider kann man die braunen Flecken aber nicht mehr entfernen, da sich der Schimmel bereits in die Farben hineingefressen hatte, bevor er abgestorben war. Würde man die Flecken entfernen wollen, würde man auch die befallenen Farben entfernen. In anderen Worten: Die Flecken werden nun ewig bleiben, sofern man sie nicht übermalen will.
Abblätternde Farbe neu befestigt
Grundsätzlich seien die Farben aber in einem altergemäß guten Zustand, meint Neville Agnew, auch wenn hier und da etwas abblättere und manches Farbstück auch schon abgefallen sei. Nur ein geringer Teil dieser Farbverluste sei auf Besucher zurückzuführen, hauptsächlich läge dies an der Verwendung unverträglicher Materialien. Leider wird dieser Punkt in der Pressemitteilung nicht näher ausgeführt.
Schwarze und rote Flächen sind etwas stärker von Farbverlusten und Abblättern betroffen als andere. Man habe abblätternde Fragmente leider auch nicht zurückdrücken können, da diese so fragil seien, aber man habe versucht, jedes angelöste Stück mit etwas Material zu hinterfüttern, um ihm neuen Halt zu geben. Insgesamt seien die Farben nun in einem stabilen Zustand.
Laut der New York Times hat die neunjährige Arbeit mehrere Millionen Dollar verschlungen. Dafür gebe es nun neue Rampen und Geländer, um die Besucherströme besser zu kanalisieren und von den Wänden fernzuhalten. Man habe außerdem Richtlinien erarbeitet für eine maximale Besucherzahl, um zusammen mit einem neuen Luftfiltersystem die Luftfeuchte und die Dioxidwerte niedrig zu halten. Wie hoch diese empfohlene Besucherzahl sein soll, geht aus der Meldung leider nicht hervor. Im Herbst 2018 soll dann noch eine neue Lichtanlage dazu kommen und in 2019 wird ein Symposium stattfinden zur Konservierung und zum Management von antiken Stätten in Luxor, auf dem auch die Arbeiten an Tuts Grab noch einmal explizit vorgestellt werden.
Wann entstand der Schimmel?
Eine Frage aber wird in der Pressemitteilung leider nicht beantwortet: Wodurch entstand der Schimmel, wenn er anscheinend nicht in der Neuzeit entstanden ist? Da Feuchtigkeit eine unabdingbare Voraussetzung für das Entstehen von Schimmel ist, sind zwei Szenarien denkbar. Entweder wurde das Grab verschlossen, als die Baumaterialien und Farben noch nicht trocken waren, dann wäre der Schimmel direkt nach Verschluss des Grabes entstanden. Oder aber eine Überschwemmung, irgendwann im Laufe der Jahrtausende, brachte Feuchtigkeit in die Grabkammern und der Schimmel entstand dadurch. Dass es solche Überschwemmungen in manchen Bereichen im Tal der Könige gegeben hat, ist bekannt. Dass Tuts Grab von einem Wassereinbruch betroffen war, wäre allerdings neu. An den Grabbeigaben hatte man keine Feuchteschäden festgestellt.
Auch hier bleibt also noch ein wenig Forschungsarbeit zu tun. Viel wichtiger für uns wäre momentan allerdings eine Antwort auf die Frage: Was haben die Radarscans ergben? Gibt es weitere Kammern hinter den Wänden dieses Grabes? Hoffentlich tut sich da auch endlich einmal etwas!