Einige wenige Keramikfragmente und Felsbilder belegen, dass es im Alten Reich, genauer gesagt in der 3. Dynastie, ca. 2700 v.Chr., einen Pharao mit dem Horusnamen Sanacht gab. 1901 fand man in dem Mastabagrab K2 bei dem mittelägyptischen Dorf Beit Khallaf, nahe Abydos, Teile einer Mumie, die man diesem Pharao Sanacht zuordnete. Der Mann war mit 187 cm erheblich größer als seine Mitmenschen und daher vielleicht der erste belegte Fall von Riesenwuchs, meinen Forscher, die den Fall nun noch einmal statistisch auswerteten.
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass es in dieser Sache doch einige Unwägbarkeiten gibt. Erstens weiß man heute nicht genau, wo die Überreste der Mumie abgeblieben sind; man kann sie also nicht mehr mit den technischen Möglichkeiten der Jetztzeit erneut untersuchen. Zweitens wird heute angezweifelt, ob es sich tatsächlich um die Gebeine eines Pharaos oder „nur“ um die eines Adligen handelt, die man vor über 100 Jahren fand und die angeblich ins Ägyptische Museum Kairo gebracht wurden.
Abnormität fiel schon den Ausgräbern auf
Die Ausgräber unter der Leitung des britischen Archäologen John Garstang waren sich jedenfalls sicher, dass das Grab K2 einem Pharao namens Hen-Nekht, später korrigiert auf Sa-Nekht (Sanacht), gehörte. Garstang beschrieb den Fund sehr genau und hielt auch die Maße des Schädels und der langen Knochen fest. Den Schädel beschreibt er als außerordentlich massiv und groß; aus der Länge der Beinknochen errechnete er eine Lebendgröße von ca. 186 cm und schreibt dazu, dass Sanacht seine Zeitgenossen damit um mehr als 20 cm überragt haben muss.
Selbst Ramses II. ein Winzling im Vergleich
Ein Forscherteam um den Schweizer Ägyptologen Michael E. Habicht wertete nun die Fotos und Aufzeichnungen des damaligen Fundes erneut aus. Dabei verglichen sie die Skeletteile Sanachts (bzw. der Person, die man für Sanacht hält) zum einen mit anderen männlichen Skeletten des alten Ägypten und zum anderen mit denen von Königen, die insgesamt etwas größer als die Normalbevölkerung waren.
Sogar Ramses II., der mit 175 cm als der körperlich größte Pharao des Neuen Reiches gilt und der damit ca. 9 cm größer als der „Durchschnittskönig“ und 12 cm größer als der „Durchschnittsägypter“ des Neuen Reiches war, hätte klein ausgesehen im Vergleich mit dem 1500 Jahre älteren Mann aus Grab K2.
Akromegalie und Gigantismus
Die neue statische Auswertung zeigt, dass die Länge der Beinknochen weit außerhalb der Norm liegt. Die Gesichtsmerkmale dagegen, z.B. die Nasenlänge oder die Höhe der oberen Gesichtshälfte, sind kaum größer als die von Vergleichsgruppen, lediglich der Kieferbogen scheint etwas mehr vergrößert. Das Krankheitsbild Akromegalie, bei dem neben der Körperlänge auch die vorspringenden Gesichtsmerkmale wie Kinn, Nase und Ohren vergrößert wären, schließen die Forscher daher eher aus. Riesenwuchs dagegen, auch Gigantismus genannt, bei dem alle Körperteile relativ gleichmäßig vergrößert sind, halten sie hier für sehr wahrscheinlich. Beide Krankheitsbilder sind in einer Überproduktion des Wachstumshormons Somatotropin begründet.
Der älteste paläontologisch belegte Fall von Akromegalie ist ein Fund aus New Mexico, USA, der vermutlich mehr als 10.000 Jahre alt ist. Die „nur“ 5000 Jahre alten Gebeine aus dem Mastabagrab K2 sind aber vermutlich der älteste belegte Fall von Gigantismus – egal, ob es sich hier nun tatsächlich um die Überreste des Königs Sanacht oder nur um einen Würdenträger der 3. Dynastie handelt.
Mehr zu Körpergrößen von Königen findet ihr in diesem Artikel:
Körpergröße als Indikator für Inzucht im alten Ägypten?.