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Neue Funde der versunkenen Stadt Thonis-Herakleion

Die nach mehreren Erdbeben versunkene Stadt Herakleion, auch Thonis genannt, liegt heute auf dem Grund des Mittelmeers, etwa 7 km vor der Bucht von Abu Qir, ca. 30 km nordöstlich von Alexandria. Das Europäische Institut für Unterwasser-Archäologie (IEASM) sucht dort unter der Leitung von Franck Goddio seit über 20 Jahren nach Spuren und Artefakten dieser versunkenen Stadt, die lange vor der Gründung Alexandrias Ägyptens wichtigster Handelshafen am Mittelmeer war. Nun fanden die Forschenden im Meeresboden Überreste eines Aphrodite-Heiligtums und mehrere Artefakte aus dem Amun-Gereb Tempel.

Bereits in den vergangenen Jahren hatte das Team des IEASM dort wichtige Funde gemacht (wir berichteten hier und hier). Nun fanden die Taucherinnen und Taucher dort Wertgegenstände und Juwelen des Tempelschatzes sowie unterirdische Strukturen, die von sehr gut erhaltenen Holzbalken getragen wurden, die aus dem 5. Jh. v.Chr. stammen. Die Funde wurden unter einer 3m dicken Schicht aus hartem Ton gemacht, was den guten Erhaltungszustand erklärt.

Goldschmuck des Tempels von Thonis-Herakleion. Foto: Christoph Gerigk © Franck Goddio/Hilti Foundation

Unter den vielen wertvollen Artefakten, die sich zum Teil in einem hervorragendem Erhaltungszustand befinden, sind z.B. Silberteller und silberne Ritualinstrumente des Tempels, Goldschmuck, wie Ohrhänger mit Löwenkopf, Ketten-Anhänger in Form des Udjat-Auges oder ein Djed-Pfeiler aus Lapislazuli, aber auch fragile Alabastergefäße, die einmal Parfums und Salben enthielten.

Silberne Ritualteller und eine Alabasterphiole aus Thonis-Herakleion. Foto: Christoph Gerigk © Franck Goddio/Hilti Foundation

Neue Unterwasser-Ausgrabungsgeräte hätten den Fund unter dichtem Sediment erst möglich gemacht, sagte Missionsleiter Franck Goddio. Angesichts der Zerstörungskraft mehrerer Naturkatastrophen sei es für die Forschenden sehr bewegend, so delikate Objekte in einem intakten Zustand finden zu dürfen. Insbesondere die silbernen Ritualinstrumente und -teller zeigen die religiöse Verbundenheit und den Reichtum der damaligen Stadtbewohner, denn Silber war im alten Ägypten extrem wertvoll.

Östlich des Amun-Gereb Tempels entdeckten die Forschenden auch ein der Göttin Aphrodite gewidmetes Heiligtum aus dem 5. Jh. v.Chr. mit Überresten von importierten Bronze- und Keramikobjekten. Unter Tonwaren aus dem 4. Jh. v.Chr. fanden die Forschenden dort u.a. auch ein bronzenes Schankgefäß in Form einer Ente (siehe Titelbild). Laut einer Entscheidung der damaligen saiitischen Pharaonen, war den Griechen sowohl der Handel mit der Stadt wie auch das Ansiedeln dort erlaubt, sagte Islam Selim, Leiter der Unterwasserarchäologie-Abteilung der Antikenbehörde. Daher durften sie dort auch ihre eigenen Heiligtümer errichten.

Lage Thonis-Herakleions auf mehreren Inseln. Karte © Franck Goddio, IEASM

Thonis-Herakleion (nicht zu verwechseln mit Heraklion, der größten Stadt Kretas) wurde auf mehreren Inseln erbaut und war bis zur Gründung von Alexandria der wichtigste ägyptische Hafen für den Handel mit Griechland. Ihren Höhepunkt erreichte die Stadt zwischen dem 6. und 4. Jh. v.Chr., bevor mehrere Erdbebeben und Tsunamis Teile davon zerstörten bzw. im Meer untergingen ließen. Im 8. Jh. wurde die Stadt dann aufgegeben. Franck Goddio schätzt, dass noch 95% von Thonis-Herakleion unentdeckt unter dem Meeresboden liegen. Die hier beschriebenen Funde wurden im ehemaligen Südkanal der Stadt gemacht, in dem auchTeile des Amun-Gereb Tempels liegen. Das Aphrodite-Heiligtum wurde nun östlich des Tempelgebiets gefunden.

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