Ein deutsch-ägyptisches Team hat bei Restaurationsarbeiten in Kulträumen des Tempels von Edfu die schwarzgraue Schmutzschicht der Jahrtausende entfernt und darunter die alten Farben und sogar Spuren von Blattgold entdeckt. Die Restaurierungsarbeiten werden von einem rein ägyptischen Team durchgeführt, während die deutsche Seite der Mission sich um die Erforschung der Wanddekorationen und Inschriften kümmert..
Es ist immer wieder erstaunlich, was nach der Entfernung der Schicht aus Staub, Ruß und Vogelkot darunter hervorkommt. Ähnlich wie im Esna-Tempel (wir berichteten) erstrahlen die antiken Farben in unerwarteter Kraft. Hier in Edfu fanden die Forschenden nun aber auch Reste von Blattgold.
„Ägyptische Tempel waren nicht nur farbenfroh – sie erstrahlten auch in gleißendem Gold. Säulen, Tore und Obelisken waren schon zu Beginn der Pharaonenzeit mit Gold überzogen. Meistens handelte es sich dabei um Überzüge aus dickeren, vergoldeten Kupferfolien. Deren Spuren sind heute nur noch als Löcher in den Wänden zu sehen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, welche die deutsche Seite der Mission stellt.
Aus verständlichen Gründen verschwanden die Vergoldungen im Laufe der Zeit. Von den dickeren Goldblechen kann man zumindest noch die Befestigungsspuren im Stein sehen; von den dünnen Blattvergoldungen, welche manche Wandszenen schmückten, ist in den ägyptischen Tempeln aber nichts erhalten und kaum etwas dokumentiert. Hier in Edfu fand das Restauratorenteam nun in den höher gelegenen Wandbereichen unter der Schmutzschicht tatsächlich Überreste dieser Vergoldungen (siehe Titelbild).
„Die Vergoldung der Figuren diente vermutlich nicht nur dazu, sie symbolisch zu verewigen und zu vergöttern, sondern trug auch zur mystischen Aura des Raumes bei. Das muss sehr beeindruckend gewesen sein, vor allem, wenn das Sonnenlicht hineinschien“, erläutert Dr. Victoria Altmann-Wendling von der Uni Würzburg. Und sie führt weiter aus: „Besonders interessant ist die Tatsache, dass die Götter komplett vergoldet waren. Das finden wir auch in den Textquellen, die Gold als Fleisch der Götter beschreiben“.
Das Restaurationsprojekt wurde 2021 gestartet, und in diesem Frühjahr 2024 konnte das Allerheiligste, der Barkenraum, fertiggestellt werden. Dabei fanden die Forschenden auch antike Graffiti, wie Beschriftungen durch Priester in demotischer Schrift. Solche „persönlichen“ Schriftzeichen der Priester waren bisher von den äußeren Tempelbereichen bekannt, dass sie sich hier aber auch im Allerheiligsten finden, ist eine neue Erkenntnis.
Ebenso können nun einige Inschriften neu interpretiert werden, weil sich durch die nun erkennbaren Farben neue Deutungen ergeben können, denn die altägyptischen Maler „korrigierten“ manchmal die in Stein gemeißelten Hieroglyphen. „In der Malerei wird hier ein antikes Qualitätsmanagement sichtbar“, sagt Professor Martin Stadler von der Uni Würzburg.
Sherif Fathy, der neue Tourismus- und Antikenminister, lobte vor allem die Hingabe des ägyptischen Restauratorenteams, mahnte aber auch zur Eile, da nun bald die neue Wintersaison bevorstehe, bei der man wieder Touristen aus der ganzen Welt zu Gast habe.
Ein paar Fakten zum Tempel von Edfu aus der Pressemitteilung der Uni Würzburg:
Der Horus-Tempel von Edfu ist nicht nur das am besten erhaltene Heiligtum Ägyptens, sondern auch ein Wunderwerk der antiken Baukunst. Er ist 137 Meter lang und 15 Meter breit, am Pylon 76 Meter breit und 35 Meter hoch.
Mit diesen gewaltigen Ausmaßen und seinen vollständig mit Inschriften und Bildreliefs bedeckten Wandflächen ist er ein einzigartiges Monument der antiken Religion und Architektur. Er wurde zwischen 237 und 57 vor Christus unter der Herrschaft der Könige Ptolemaios III. bis XII. erbaut und dekoriert. Er enthält mehr religiöse Texte und Ritualszenen als fast jeder andere ägyptische Tempel. Die Texttradition geht bis ins dritte Jahrtausend vor Christus zurück.