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100 Jahre Tutanchamun – und gefeiert wurde doch (im kleinen Kreis)

Wir hatten uns ja sehr gewundert, dass ein so großes Ereignis wie das 100-jährige Jubiläum der Entdeckung von Tutanchamuns Grab nicht gefeiert werden sollte. Am gestrigen 04. November hat Ägypten dann aber doch noch Einiges aus dem Hut gezaubert.

Die „Younger Lady“, Tutanchamuns Mutter, wird zur Zeit im Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz ausgestellt.
Foto: Antiken- und Tourismusministerium Ägypten

Museen feiern „100 Jahre Entdeckung von Tutanchamuns Grab“

Die meisten Museen des Landes feierten den Tag mit mehreren Ausstellungen, Vorträgen und Mitmachaktionen, die mehr oder weniger direkt etwas mit Tutanchamun zu tun haben. Das Ägyptische Museum Kairo am Tahrir Platz eröffnete eine Sonderausstellung unter dem Titel “The Centenary of the Discovery of King Tutankhamun’s Tomb: Tutankhamun and His Family”, das 18 Artefakte zeigt, die nicht in Tutanchamuns Grab gefunden und die teilweise zum ersten Mal gezeigt wurden. Darunter befindet sich die Mumie der „Younger Lady“, die nach den DNA-Tests die Mutter Tutanchamuns ist.

In Luxor hat das dortige Museum die kleine Sonderausstellung „The Golden King Tut“ eröffnet, in der bis zum 20. November unter anderem der Gott Amun mit den Gesichtszügen von Tutanchamun präsentiert wird. Das Museum feierte den Tag auch mit Vorträgen, Aktionen und der Neueröffnung der dortigen Bibliothek. Das Mummification Museum zeigt bis 11. November die neue Ausstellung “Canopic Pots”, die vier Alabaster-Kanopen des “Wahe Ibre Min Neferu” zeigen.

Carter House neu eröffnet

Am Westufer eröffnete wie angekündigt das American Research Center in Egypt (ARCE) das frisch renovierte Carter House und feierte dies mit prominenten Gästen, Reden und anschließender ägyptischer Musik und Tanz. Botschafter und Medienvertreter begleiteten Zahi Hawass und Mustafa Waziri zu einer anschließenden Führung durch Tutanchamuns Grab.

Das renovierte Carter House kann wieder besichtigt werden
Foto: Antiken- und Tourismusministerium Ägypten

Vorträge und Galadinner

Ebenfalls vom ARCE organisiert waren die Vorträge im Sonesta St. George Hotel, bei denen unter anderem Zahi Hawass, Nicholas Reeves und Salima Ikram Vorträge gehalten haben. Über die von Hawass groß angekündigte ultimative Todesursache von Tutanchamun hat er aber anscheinend nichts erzählt oder die Meldung dazu ist noch in der Pipeline… Den Vorträgen wohnten unter anderem Lord George und Lady Fiona Carnarvon bei, die Nachfahren von Howard Carters Mäzen Lord George Herbert Carnarvon. Im Anschluss lud das ARCE zu einem anschließenden Galadinner ein, das direkt am Luxor-Tempel stattgefunden hat. Ein großes Orchester spielte auf und begleitet von Arien konnten die geladenen Gäste in einer einmaligen Atmosphäre dinieren. Auf einer Leinwand wurden verschiedene Bilder rund um Tutanchamuns Grab und seine Schätze gezeigt und ringsherum befanden sich mehrere riesig illuminierte Tutanchamun-Dekorationen.

Späte Ankündigungen

Das Jubiläum wurde dann also doch noch recht gebührend gefeiert, wobei es sicher kritisch zu sehen ist, dass einige Veranstaltungen gar nicht oder nicht rechtzeitig angekündigt wurden und dann auch nur mit mühseliger Suche zu finden waren. Die Veranstaltungsliste der Museen sind auf der offiziellen facebook-Seite des Antiken- und Tourismusministerium nicht zu finden und wurden nur über private Gruppen einen Tag vorher in arabischer Sprache und genau am Jubiläumstag in englischer Sprache verbreitet. Als ob der 04. November so plötzlich gekommen wäre…

Das Winter Palace ehrt den Entdecker von Tutanchamuns Grab Howard Carter mit einem großen Aufsteller

Feier nur für geladene Gäste

Das ARCE hatte zwar über das Galadinner informiert, aber ob auch nicht-geladene Gäste dem beiwohnen durften, war nicht klar – und vielleicht war es auch gar nicht erwünscht, dass ein großer Pulk von Menschen das private Galadinner störte. Den Bildern nach zu urteilen, konnten aber anscheinend auch nicht-geladene Gäste zumindest aus der Ferne dem Spektakel beiwohnen. Eine Freundin von mir ist zur Zeit vor Ort und hat weder etwas von Vorbereitungen gesehen, obwohl sie am gestrigen Tag zweimal am Luxor-Tempel vorbeigekommen ist, noch irgendwelche Feierlichkeiten gesehen. Also wer abends nicht gerade zufällig am Luxor-Tempel war, wird von den Feierlichkeiten nichts oder nur sehr wenig mitbekommen haben (wer zur Zeit in Luxor ist, kann natürlich sehr gerne in den Kommentaren von seinen Eindrücken berichten).

Da klingt es schon fast ironisch, dass der Antiken- und Tourismusminister Ahmed Issa ausgerechnet am 04. November den Gouverneur von Luxor und Vertreter der Tourismusbranche zu einem Austausch über die Stärkung und Förderung des Tourismus einlud….

Dinner und Konzert vor dem Luxor Tempel.
Foto: Antiken- und Tourismusministerium Ägypten

Fazit „100 Jahre Tutanchamun“

Unterm Strich hätte man einiges mehr aus dem Tag machen können und nur dank des ARCE wurde das Ereignis gestern doch – zumindest für einen kleinen Kreis – zu einem unvergesslichen Erlebnis. Sicher werden einige kritische Stimmen sagen, dass man in der jetzigen Weltlage vielleicht auch gar nichts Großes planen konnte und wollte. Aber irgendein großes und langfristig angekündigtes Ereignis hätte vermutlich eine Menge mehr Touristen in das Land gelockt.

Wir hatten natürlich auch gehofft, dass in dem Jubiläumsjahr die Untersuchungen an Tutanchamuns Grab weitergehen würden. Im Jahr 2020 wurde via Bodenradar direkt neben Tutanchamuns Grab ein 10m großer Hohlraum gescannt (wir berichteten), was wieder neue Spekulationen rund um „Nofretetes Grab“ entfacht hatte. Schade, dass dem in diesem Jahr nicht weiter nachgegangen wurde…

Tutanchamun-Oper verschoben

Die erwähnte schlechte Kommunikation hat dann auch vor der Tutanchamun-Oper nicht halt gemacht, deren Premiere eigentlich dieses Wochenende vor dem Hatschepsut-Tempel hätte sein sollen und bei der man bis zuletzt auch nicht wusste, ob sie denn nun stattfindet oder nicht. Auf seinem Vortrag am Freitag verkündete Hawass nun, dass die Opern-Premiere für den 03. und 04. März 2023 vor dem Hatschepsut-Tempel geplant ist.

GEM-Eröffnung im März?

In den deutschen Medien wurde natürlich auch über die Entdeckung des Grabes berichtet, wie z.B. bei der Tagesschau und den Tagesthemen. Dort wurde übrigens schon fast beiläufig erwähnt, dass Tuts Schätze im März im neuen Grand Egyptian Museum zu sehen sein werden! Aber wer weiß schon, woher diese Information stammt und welcher März da überhaupt gemeint ist… 😉
Egal, wann das Ereignis stattfinden wird: Man darf gespannt sein, was Ägypten dann aus dem Hut zaubern wird.

3 Gedanken zu „100 Jahre Tutanchamun – und gefeiert wurde doch (im kleinen Kreis)“

  1. Es ist erstaunlich, angesichts der Lage in der sich die Ägyptische Tourismusbranche zur Zeit befindet, wie wenig Information über Veranstaltungen von offiziellen Seiten durchsickert. Es wirkt auf mich wie Gleichgültigkeit der verantwortlichen Damen und Herren, mangelhafter Aktionismus und Unvermögen hier eine goldene Möglichkeit, wie Wüstensand durch die Finger, verspielt zu haben.
    Bedauerlicherweise nicht zum ersten Mal.
    Was das Grand Egyptian Museum betrifft, so habe ich zum zweiten Mal meine Reise nach Kairo absagen müssen. Man verliert ein wenig die Lust sich überhaupt noch zu engagieren. Hoffen wir auf bessere Zeiten in diesem schönen Land und ein größeres Geschick bei denen, die letztendlich für Entscheidungen verantwortlich sind.

  2. Wir waren letzte Woche in Ägypten, u.a. in Luxor/Tal der Könige. Weder die „100 Jahre Tutanchamun“ noch die Neueröffnung des Carter-Hauses waren ein Thema bei unseren ägyptischen Gesprächspartnern. Das Carter-Haus hat unsere Führerin, eine Ägypterin, zwar im Vorbeifahren erwähnt, aber ohne jeglichen aktuellen Bezug.

  3. Dieter Schnabel, Gotha

    Wir schrieben das Jahr 1964. Mein damaliger Kunstgeschichtslehrer zeigte uns Schülern ein Dia mit der Goldmaske von Tutankhamun (die Schreibweise wurde mir mehrfach in Ägypten als richtig bestätigt). Ich war wie elektrisiert, wollte ich doch mehr über den Pharao wissen. Über meine damalige Dorfbibliothek (so etwas gab es damals noch) wurden die legendären drei Bände der Entdeckung des Grabes in der Deutschen Bibliothek in Leipzig bestellt. Nun konnte ich endlich mehr erfahren. Viele Kontakte mit ägyptischen Museen in aller Welt folgten. 1992 erhielt ich über meinen Freund Gordon Phillips (damals Chef vom Archiv der Times) eine Einladung ans Britische Museum London, eine Ausreise gab es damals aber nicht für mich, denn Gotha war ja im Osten Deutschlands. Viele Briefe und Materialien folgten aus London über Gordon, Grundlage immer noch für Vorträge über Tutankhamun vor Senioren. Nach 1989 konnte ich dann alles mit meiner Familie zusammen sehen und bestaunen. Ich bin etwas enttäuscht, über das geringe Interesse in Ägypten an dieser wunderbaren Entdeckung, die schon viele, aber noch lange nicht alle Fragen zu Ägypten und dem ägyptischen Totenkult beantwortet haben…

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