Nach virtuellen Touren durch drei religöse Gebäude – eine Kirche, eine Moschee und eine Synagoge – gibt es nun auch wieder eine Tour durch ein Grab, nämlich das des Gaufürsten Cheti (engl. Khety) aus dem Mittleren Reich. Dieses Grab ist eines der vier öffentlich zugänglichen Gräber im mittelägyptischen Beni Hassan, einer Nekropole mit insgesamt 39 Felsengräbern. Cheti war in der 11. Dynastie Fürst des Gazellengaus, auch Antilopengau genannt (engl. Oryx nome). Weitere Titel Chetis waren u.a.: Königlicher Siegler, Aufseher der Truppen der geheimen Plätze sowie Einziger Freund und Begleiter des Königs.
In den beiden bereits früher veröffentlichten virtuellen Besichtigungen der Gräber von Menna und Königin Meresanch III. (wir berichteten) gab es in den Gräbern anklickbare Info-Punkte, die einige Erklärungen über das Grab oder den Grabinhaber bereithielten. Da es diese Infos bei dieser Besichtigungstour nicht gibt, geben wir euch hier die Kurzbeschreibung des Grabes aus dem von uns so geliebten Ägyptenführer „Ägypten individuell“ mit auf den Weg, hier aus dem neuesten Band: „Ägypten – Das Niltal von Kairo bis Abu Simbel“.
»Grab Nr. 17, Cheti:
Die linke Eingangswand im Grab dieses Gaufürsten zeigt den Vogel- und Fischfang, z.T. im Papyrusdickicht. Die linke Seitenwand ist oben mit der Jagd in der Wüste dekoriert, darunter sind Handwerker zu sehen, dann akrobatische Spiele und Sport, darunter Tänzer und Tänzerinnen, unten wieder Handwerker. Rechts davon der Grabherr mit Frau und drei Hunden. Auf der Rückwand spielen sich Ringkämpfe und der Angriff auf eine Festung ab. Auf der rechten hinteren Seitenwand mit Frau und Hund nach links gewandt. Daneben beide nach rechts schauend und von Fächer-, Sandalenträgern, zwei Kleinwüchsigen und Hunden begleitet. Auf dem vorderen Wandteil empfängt Cheti Opfergaben. Die rechte Eingangswand enthält eine Scheintür, die Bilder zeigen Landleben und Opferungen.«
(Aus: Wil Tondok, Nadine Eßbach, Matthias Fabian: »Ägypten. Das Niltal von Kairo bis Abu Simbel«, Reise Know-How Verlag Tondok 2016/17, Seite 244)
Besonderheiten: Ballspiele und Kopfstand!
Da in dieser Kurzbeschreibung nur ganz knapp „akrobatische Spiele und Sport“ auf der linken Seitenwand erwähnt werden, möchten wir besonders auf zwei ganz außergewöhnliche Darstellungen hinweisen. In der Mitte der Seitenwand, kurz vor der vorderen Säulenreihe, findet man die sehr, sehr seltene Darstellung ballspielender Mädchen. Dass auch im alten Ägypten bereits mit Bällen gespielt wurde, weiß man, da man eine Reihe von Bällen gefunden hat, die bspw. verstorbenen Kindern mit ins Grab gelegt worden waren. Bildliche Darstellungen solcher Ballspiele gibt es aber fast keine und die hier dargestellten drei Spielszenen stellen vermutlich die größte Abbildung ihrer Art dar. Zu sehen sind von rechts nach links, neben zwei Mädchen, die eine Brücke rücklings machen, zunächst drei jonglierende Mädchen, von denen eine ihre drei Bälle sogar mit überkreuzten Armen jongliert. Daneben werfen sich zwei Gruppen, vielleicht Mannschaften, einen Ball zu und ganz links sind es zwei Pärchen, die huckepack einen Ball hin und her werfen, während hinter ihnen andere Mädchen darauf warten, an die Reihe zu kommen.
Die zweite sportliche Besonderheit dieses Grabes ist die Darstellung eines Kopfstands ohne Hände, eine Gleichgewichtsübung. Man findet diese hinten an der rechten Seitenwand auf der Höhe der hinteren Säulenreihe ganz oben unter der Decke. Auf diesem Wandteil sind übrigens auch noch andere Kinderspiele abgebildet, deren Sinn trotz einer kurzen Beschriftung nicht immer klar wird.
Hier geht’s zur virtuellen Besichtigung des Grabes von Cheti.
Nachtrag:
In unserem Bericht »Schwein über Bord in Beni Hassan« werden zwei ungewöhnliche Szenen aus diesem Grab besprochen, die ein Team um die australische Ägyptologin Linda Evans mittels einer Bildbearbeitungssoftware sichtbar machte. Da sind zunächst zwei Männer, die ein Schwein auf den Schultern tragen. Diese Szene findet sich auf der Eingangswand, wenn man sich nach dem Betreten nach links wendet. Die zweite ungewöhnliche Darstellung ist die eines Geiers, der in seinen Krallen ein Ankh-Zeichen trägt. Dieses Bild ist auf der Nordwand (der linken Wand) im hinteren Bereich zu sehen, links des Hirten, der eine Gazellenherde hütet. Beide angesprochenen Darstellungen kann man nur in den kontrastreichen, farbigen Bildern der australischen Forscher in unserem o.g. Blogbeitrag so richtig erkennen.