Neue virtuelle Besichtigungen: Cheops-Pyramide, „goldene Stadt“, uvm.

Vor drei Jahren, als die Coronakrise die Tourismusbranche fest im Griff hatte, tauchten vermehrt virtuelle Touren zur Besichtigung auf. So konnte man vom heimischen Rechner aus manche Gräber, Tempel oder Museen besichtigen. Wir hatten damals eine Liste der für Ägypten verfügbaren Sehenswürdigkeiten zusammengestellt, die bis heute immer wieder gerne von Besuchern angeklickt wird. Nun sind wir auf neue Angebote gestoßen und haben diese Liste daher einmal aktualisiert und dabei mehr als 20 (!) neue Touren hinzugefügt.

Spaziergang durch die verlorene, goldene Stadt in Luxor

Highlight der neuen Punkte auf unserer Liste ist eine virtuelle Tour durch die von einem Team aus Archäologinnen unter der Leitung von Zahi Hawass erst kürzlich entdeckte „verlorene, goldene Stadt“ von Amenhotep (Amenophis) III. in Luxor. Selbst Fotos von der Fundstelle waren anfangs extrem schwer zu bekommen, als wir damals über den Fund berichteten. Nun kann man in aller Ruhe und aus jedem Blickwinkel durch das Ausgrabungsgelände laufen. Dabei hat man oben rechts sogar die Wahl, ob man eine Führung („Guide“ oder „Geführte Tour“) bekommen möchte, in der automatisch einzelne Punkte angesteuert werden, über die man dann noch einmal Zusatzinforationen erhält, oder ob man das Gelände „kostenlos erkunden“ möchte. Vermutlich handelt es sich hier um einen Übersetzungefehler des Ausdrucks „free exploration“ (KI und Google Translate sind eben nicht unfehlbar…), denn natürlich ist auch die Führung kostenlos . Unsere Empfehlung ist, sich zuerst die Führung zu gönnen, da man hier doch einige wertvolle Informationen erhält, und sich dann anschließend noch einmal „kostenlos“ umzusehen. 😉 (Nachtrag: inzwischen ist jemandem der Fehler aufgefallen und nun heißt es „frei erkunden“)
Bei dieser virtuellen Besichtigung ist die 3D-Übersicht (links unten „Dollhouse“) übrigens besonders hilfreich, um einen Überblick über das Fundgebiet zu erhalten oder um sich gezielt die „welligen Mauern“ anzusehen. Außerdem kann man sich den Grundriss der Stadt hier sehr schön von oben, quasi aus der Vogelperspektive ansehen.

Wer war schon überall in der Cheops-Pyramide?

Ein weiteres Highlight ist natürlich die virtuelle Tour durch die Große Pyramide von Gizeh. Wer (wie ich) etwas klaustrophisch veranlagt ist, kann nun hier ganz ohne Platzangst in die engsten Gänge und Winkel schlüpfen. Und wer (wie ich) dachte, dass es in der Pyramide letztlich so wenig Spannendes zu sehen gibt, dass es all die Mühe, den Schweiß und vor allem das hohe Eintrittsgeld einfach nicht wert ist, wird nun hier bestätigt – oder natürlich eines Besseren belehrt; das kann anschließend jeder für sich selbst entscheiden.
Hilfreich ist auch hier die 3D-Ansicht, um sich die Lage der Gänge, der Großen Galerie und der drei Kammern zu vergegenwärtigen. Außerdem kann man von hier aus auch direkt an jeden beliebigen Ort springen, denn selbst bei einer virtuellen Besichtigung sind die Gänge zu den Kammern echt laang – „Scottie, beame mich einfach hoch“!

Das Grab von Ramses II., „ohne alles“…

Ein Geheimtipp unter den neuen Touren ist für mich das Grab von Ramses II. im Tal der Könige, das gerade wissenschaftlich untersucht und restauriert wird. Zugegeben, wer in Gräbern vor allem den Sarkophg, die Mumie und die Wandmalereien sucht, für den ist dieses Grab nichts. Aber wer wissen möchte, wie sich wohl die Entdecker einfacher, undekorierter Gräber gefühlt haben, wenn sie ein Grab endlich betreten konnten, nachdem die Arbeiter es von Sand und Schutt befreit hatten, der kann sich hier einen Eindruck davon machen.

Moment: Was heißt hier „undekoriert“!? Das ist das Grab von Ramses II., einem der größten Pharaonen aller Zeiten! Und noch dazu hatte der Mann fast ein Jahrhundert lang Zeit, sein Grab zu bauen, denn er wurde 90 Jahre alt! Und wer im Tal der Königinnen je das Grab für seine geliebte Ehefrau Nefertari besucht hat, der kann erahnen, dass das Grab des Königs selbst unfassbar edel dekoriert gewesen sein muss! Tja, das war es vermutlich ursprünglich auch. Leider baute Ramses II. sein Grab im Zentrum des Tals der Könige an einem sehr tiefen Punkt – also quasi da, wo bei einer Badewanne der Stöpsel sitzt. Unwetter mit Sturzfluten, die es auch im alten Ägypten manchmal gab, hatten das Grab daher bereits in der Antike mehrfach überschwemmt. Durch das Wasser und Geröll, die dabei in das Grab gespült wurden, ist von der einstigen Pracht nun nichts mehr übrig. Es wird interessant sein zu sehen, was die Restauratorinnen von den wenigen, heute oft kaum noch zu erkennenden Wandmalereien wieder hervorbringen können. In seinem jetzigen Zustand ist es eben ein Beispiel für die vielen spärlich oder gar nicht dekorierten Gräber – die aber natürlich nie so groß waren, wie dieses Königsgrab. Und dennoch fand ich es faszinierend, in diesem fast noch „rohen“ Grab herumzulaufen und mich dabei wie ein Endecker des 19. Jahrhunderts zu fühlen.

Eine Sache der Standpunkte…

Etwas ärgerlich sind zwei der neuen Touren: Ausgerechnet das Grab von Tutanchamun ist nur eine Previewversion mit herzlich wenigen Standpunkten; und die Vorkammer und die Schatzkammer sind gar nicht zu besichtigen. Und in der Tour des Horustempels in Edfu gibt es gar nur einen einzigen Standpunkt in einer der Kultkammern. Das wird diesem wichtigen Tempel, immerhin Fixpunkt einer jeden Nilkreuzfahrt, nun aber gar nicht gerecht. Wir hoffen, Matterport bessert bald nach!

Ein paar der neuen Touren erfordern übrigens eine Anmeldung bei der Webseite mused.org. So eine Anmeldung ist mit einer Email-Adresse und einem Passwort aber schnell erledigt (weitere persönliche Daten sind nicht erforderlich). Und sollte jemand Probleme mit dem Bestätigungslink haben, kann er/sie einfach per Antwort auf die Bestätigungsmail an die Betreiber schreiben und das Problem schildern. Ich wurde daraufhin innerhalb weniger Minuten kontaktiert und man trug meine Mailadresse händisch in die Registrierungsliste ein.

Wir wünschen allen Lesern viel Freude beim Erkunden unserer stark erweiterten Liste der virtuellen Besichtigungen!